In dieser 16. Episode des Smart Innovation Podcast ist Nachhaltigkeitsmanagerin Astrid Saalbach meine Gesprächspartnerin. Wir unterhalten uns über die Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie im Landkreis Böblingen in Baden-Württemberg.
Über
Noch ist ihre Zahl überschaubar, aber immer mehr Landkreise geben sich eine Nachhaltigkeitsstrategie. Auch der Landkreis Böblingen sieht sich in der Verantwortung für eine gesellschaftliche Entwicklung, die ökologisch verträglich, sozial gerecht und wirtschaftlich leistungsfähig ist. Der Kreis will sein vielfältiges und langjähriges Engagement in einer ganzheitlichen Strategie zusammenführen und Nachhaltigkeit als wichtiges Kriterium des Verwaltungshandelns verankern. Dafür hat er im vergangenen Jahr eigens eine Personalstelle der Nachhaltigkeitsmanagerin geschaffen. Diese wird von Astrid Saalbach, Diplom-Kulturwirtin, bekleidet, die von der Bedeutung der Kommunen für nachhaltige Entwicklung berichtet sowie vom Weg hin zu einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsstrategie.
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in dieser Episode erwähnt
- Was ist ein Landkreis? Wikipedia
- UN SDG Sustainable Development Goals
- SDG 3 Gesundheit und Wohlergehen
- SDG 4 Hochwertige Bildung
- SDG 5 Gleichstellung
- SDG 7 Saubere Energie
- SDG 13 Klimaschutz
- SDG 16 Institutionen
- SDG 9 Innovation
- Sprachen-, Wirtschafts- und Kulturraum Studien, Beispiel Universität Passau
- Enzkreis Leitbild & Agenda 2030, Klimaschutz und Kreisentwicklung, Aktion „17 Nachhaltigkeits-Ziele auf Badisch„
- Landkreis Reutlingen
- Kreis Freudenstadt
vom Zuhören ins Machen kommen
Hinweise von Frau Saalbach sind im Podcast ab ca. 38:40.
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Transkript
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Klaus Reichert: Mein Gast heute im Smart Innovation Podcast ist Astrid Saalbach. Sie ist Nachhaltigkeitsmanagerin im Landkreis Böblingen. Hallo Frau Saalbach, herzlich willkommen! Freue mich, dass Sie heute dabei sind.
Astrid Saalbach: Hallo Herr Reichert! Vielen Dank für die Einladung! Ich freue mich heute auch dabei sein zu dürfen.
Klaus Reichert: Ich finde das toll, dass wir das heute machen. Und zwar weil Sie so ein bisschen Exotin sind unter den Nachhaltigkeitsmanagerinnen. Aber bevor wir da etwas tiefer eintauchen, zuerst die wirklich plakative Frage, Frau Saalbach: Was ist ein Landkreis?
Astrid Saalbach: Ich bin auch keine Verwaltungswissenschaftlerin, dass ich Ihnen hier jetzt eine komplette Definition darlegen könnte. Wir haben in Deutschland verschiedene Ebenen, Bund, Länder, Kommunen, also sind eine Verwaltungseinheit. Sie haben mehrere Kreiskommunen bei sich, in unserem Fall sind es 26. Und sind eben eine Ebene zwischen den Kommunen und dem Regierungspräsidium und dann wieder dem Land.
Klaus Reichert: Wir machen uns in ganz, ganz wenigen Fällen Gedanken darüber, was überhaupt der Landkreis oder der Stadtkreis denn ist. Wir haben es auf dem Nummernschild, wenn wir ein Auto fahren, aber sonst kriegen wir davon eigentlich relativ wenig mit, erstmal.
Astrid Saalbach: Das ist richtig. Genau! Das ist vielleicht auch etwas, wenn wir nachher über das Thema der Nachhaltigkeit sprechen, bei der wir sicher auch darauf kommen werden, wie wir die Bürgerinnen und Bürger, die Kreisgesellschaft einbinden, tatsächlich auch eine Herausforderung, weil wir als Landkreis tatsächlich weiter weg sind als jetzt die Stadt oder das Dorf, in dem wir leben. Das ist doch nicht so greifbar für die Bürgerinnen und Bürger. Also das finde ich, um vielleicht da auch gleich einzusteigen, tatsächlich eine Herausforderung für uns als Landkreisverwaltung.
Klaus Reichert: Sie haben es auch gerade schon gesagt, das sind im Landkreis Böblingen 26 Kommunen, Mitglieder, oder beteiligt. Das hört sich erstmal natürlich auch nach ganz schön viel Vermittlungs-, Kommunikationsarbeit an. Das sollten wir sicher auch noch drauf eingehen heute im Laufe des Gesprächs.
Astrid Saalbach: Auf jeden Fall! Genau. Das ist ganz, ganz wichtig, da alle mitzunehmen. Und nichtsdestotrotz, natürlich auch jede Kommune ist eigenständig, ist einzigartig. Und an unterschiedlichen Wegmarken, wenn wir jetzt direkt zum Thema Nachhaltigkeit auch kommen, das gilt natürlich auch für andere Themenbereiche, und tatsächlich ist da einfach auch sehr viel Kommunikation, sehr viel Vernetzung erforderlich.
Klaus Reichert: Da kommen wir sicher noch darauf zurück. Wenn wir jetzt so eine besondere Situation haben wie eine Nachhaltigkeitsbeauftragte im Landkreis, einer Institution, die mit 26 Kommunen, Städten zusammenarbeitet, davon sozusagen irgendwie auch abhängig ist, da haben Sie sicher auch Ihre eigene Definition vielleicht auch von Nachhaltigkeit. Also sicher zumindest mal eine andere wie vielleicht ein Produktionsunternehmen hat. Was ist denn Ihre Definition der Nachhaltigkeit? Wie definieren Sie das in Ihrem Job?
Astrid Saalbach: Vielleicht, um einen Schritt zurückzugehen, die meisten Menschen verbinden Nachhaltigkeit in erster Linie mit ökologischer Nachhaltigkeit, mit Umwelt und Klimaschutz. Das ist tatsächlich auch sehr, sehr wichtig. Wenn wir keine intakte Umwelt, kein intaktes Klima haben, können wir alles andere im Prinzip, das ist unsere Grundlage, die intakte Umwelt und intaktes Klima. Deshalb wird Nachhaltigkeit häufig unter dem Stichwort der ökologischen Nachhaltigkeit gesehen in erster Linie. Tatsächlich verbinden wir aber hier bei uns im Landkreis die Nachhaltigkeit mit den drei Säulen der Nachhaltigkeit. Das heißt, einfach eben Ökologie ist eine wichtige Säule, Ökonomie ist eine wichtige Säule und Soziales. Also das drei sollte in einem guten Einklang sein, in einer Balance für eine nachhaltige Entwicklung. Und so verstehen wir das im Landkreis.
Klaus Reichert: Das heißt, wenn ich jetzt aus der Produktionsunternehmensecke komme, dann werde ich wahrscheinlich eine andere Vorstellung haben wie das, was Sie jetzt quasi vertreten. Welches wären denn für Sie so die wichtigsten SDGs, die Sie anklicken würden, wenn man Sie da fragen würde?
Astrid Saalbach: Wir haben bei uns im Landkreis Böblingen eine Bestandsaufnahme gemacht, vor circa anderthalb Jahren, und haben eben uns tatsächlich an diesen 17 globalen Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, also diesem Sustainable Development Goals, orientiert. Und haben geschaut: Wo sind wir besonders aktiv? Wo sollten wir aktiv werden? Weil es Herausforderungen in unserem Landkreis gibt, die uns zu eben Handlungen verpflichten, sozusagen. Das haben wir alles miteinander verschnitten, Chancen, Risiken, Stärken, Schwächen, und haben dann für uns mehrere dieser SDGs identifiziert, denen wir uns besonders widmen wollen oder auch sollen. Das sind zum Beispiel das SDG 3, da geht es um Gesundheit und Wohlergehen, um das SDG 4, hochwertige Bildung, das SDG 5, auch Geschlechtergleichstellung nimmt da einen besonderen Raum ein, saubere Energie, SDG 7, Klimaschutz, 13 ist natürlich auch sehr, sehr wichtig. Aber auch starke Institutionen des SDG 16, also dass man Demokratie stärkt und fördert, das sind auch Themenfelder oder SDGs in dem Fall, denen wir uns verstärkt widmen wollen.
Klaus Reichert: Da haben Sie sich viel vorgenommen.
Astrid Saalbach: Auf jeden Fall! Genau. Das ist auch im Prinzip, eine Kommune widerspiegelt auch das ganze Leben. Man wohnt in einer Kommune, man arbeitet da. Deshalb sind Kommunen auch wirklich ganz, ganz wichtig, wenn es darum geht, nachhaltig zu handeln oder jetzt in unserem Fall auch eine Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten, weil die Kommunen da wirklich eine besondere Rolle auch einnehmen, weil wirklich, es geht um bezahlbaren Wohnraum, es geht um eine gute Energieversorgung, es geht um eine gute Infrastruktur, also es sind so viele Bereiche, in denen die Kommune tätig ist. Deshalb sind wirklich die Kommunen ein ganz, ganz wichtiger Akteur in diesem Nachhaltigkeitskonzert, sag ich mal.
Klaus Reichert: Bin ich voll bei Ihnen. Gerade das Thema Kommunen, auch Landkreis, hatten wir es gerade schon gehört, tritt so sehr in den Hintergrund häufig in unserem Leben. Wir denken da sehr schnell an Müllabfuhr, wir denken sehr schnell an sowas wie neuen Personalausweis. Aber im Grunde geht es schon auch um sehr, sehr grundlegende Dinge. Der Stadtrat zum Beispiel, auch der Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin wird direkt gewählt auch, widerspiegelt quasi unsere Einstellung als Bürger in diesem Ort, in dieser Gegend.
Astrid Saalbach: Das ist auch für uns natürlich ein ganz, ganz wichtiges Gremium. Auf Landkreisebene ist das der Kreistag. Der hat uns eben zum Beispiel auch beauftragt Ende des letzten Jahres, eine Strategie zu erarbeiten. Also es war eben auch Wunsch des Kreistages und der Kreisgesellschaft, dass die Verwaltung sich da eine Nachhaltigkeitsstrategie gibt. Von daher ist uns die Verbindung mit dem Kreistag, mit der Kreisgesellschaft natürlich auch sehr, sehr wichtig beziehungsweise das ist unser wichtigstes Gremium am Ende der Kreistag.
Klaus Reichert: Im Grunde Ihr Souverän dann auch.
Astrid Saalbach: Ja, korrekt.
Klaus Reichert: Bevor wir da in Richtung Nachhaltigkeitsstrategieentwicklung gehen, was war denn quasi der ausschlaggebende Punkt, dass der Kreistag gesagt hat, wir brauchen einen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder -Beauftragte, wir brauchen eine Strategie für das Thema? Gab es da einen besonderen Auslöser dafür?
Astrid Saalbach: Es gibt oder gab im Landkreis Böblingen schon diverse Konzepte und Strategien zu verschiedenen Bereichen oder Themen der Nachhaltigkeit. Ich nenne mal ein paar, Klimaschutzkonzept haben wir zum Beispiel, ein Mobilitätskonzept, eine Digitalisierungsstrategie, ein Integrationsplan, wir haben einen Armuts- und Reichtumsbericht erstellt, nur um einige Beispiele zu nennen. Es gibt noch einige mehr. Das sind alles ganz, ganz wichtige Aspekte und Bereiche von Nachhaltigkeit. Aber es ist wichtig und gut, dass wir die zusammendenken und zusammenbringen und dass sozusagen die Themen nicht für sich alleinstehen, sondern dass wir die in Verbindung zueinander setzen. Weil das ist Nachhaltigkeit, dass wir über unseren Bereich hinaus denken und auch darüber nachdenken, was es für Auswirkungen hat. Wenn ich mich in meinem Bereich entsprechend verhalte, hat das natürlich immer auch Auswirkungen auf andere. Und das einfach mit einzubeziehen und mitzudenken, das war, denke ich, so ein Auslöser zu sagen: Wir wollen uns eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie geben, die genau das alles umklammert. Natürlich ist es eben auch so, dass, wie ich vorhin schon sagte, Kommunen da eine ganz, ganz wichtige Rolle spielen für die Nachhaltigkeit. Ich glaube, diese zwei Punkte waren einfach so der Auslöser zu sagen, wir sollten da aktiv werden als Verwaltung. Und das wurde dann eben auch durch diese Bestandsanalyse und eben weitere Aktivitäten, die parallel gelaufen sind, wurde das dann eben vorgeschlagen, da auch konkret eine Stelle einzurichten. Das hat dann eben der Kreistag auch bewilligt. Das ist auch was, was, ich würde sagen, innovativ ist, dadurch, dass der Landkreis wirklich diese Stelle komplett aus eigenen Mitteln trägt und das auch eben in Vollzeit. Es gibt keine Förderungen von Landes- oder Bundesstellen. Das wird manchmal bei anderen Themenbereichen gemacht und erachte ich auch auf jeden Fall für sinnvoll, um da die Kommunen auch zu unterstützen. Nichtsdestotrotz, in diesem Fall hat eben der Kreistag gesagt: Uns ist das auch wichtig, dass wir da eine Person haben und bestätigen sozusagen oder stimmen dann dieser Stelle komplett zu. Das ist auf jeden Fall auch innovativ. Ich glaube, in Deutschland, meines Wissens, gibt’s da keine weiteren Stellen in diesem Zuschnitt oder mit diesem Hintergrund. Und das ist auf jeden Fall was, da vom Landkreis Böblingen, also da ein gutes, starkes Signal ausgegangen ist.
Klaus Reichert: Das wäre jetzt meine nächste Frage gewesen. Wir hoffen jetzt natürlich, dass andere Landkreise da jetzt nachziehen, Ihrem Beispiel folgen werden. Da müssen wir nachher auch …
Astrid Saalbach: Das hoffen wir auch. Genau!
Klaus Reichert: Da müssen wir nachher auch gucken, was da Schritte dazu sein könnten. Aber eins nach dem anderen. Sie sind jetzt dabei, auf Basis von, ich sag mal, dieser Aufgabe, die Ihnen da vom Kreistag auch gestellt worden ist, eine recht umfassende Nachhaltigkeitsstrategie zu erarbeiten. Man darf nicht vergessen, all diese Themen, die Sie gerade genannt haben, das waren sehr viele von diesen UN-Nachhaltigkeitszielen. Man darf auch nicht vergessen, dass die im Grunde irgendwie ein Leben abbilden, eine Art Grundeinstellung zum Leben, finde ich auch. Das ist nicht einfach nur, du sollst Windräder aufstellen, sondern es geht um sehr, sehr viele Themen, die mehr oder weniger alle Aspekte des täglichen Lebens abdecken. Fast schon so eine Art neue zehn Gebote, könnte man sagen. Zumindest weltweit wahrscheinlich gültig. Da haben Sie jetzt also ziemlich viel vor sich. Sie haben natürlich auch schon angefangen. Aber wenn Sie jetzt an dieses Thema Entwicklung Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gehen, was sind denn da so die großen Meilensteine oder Schritte, vielleicht auch Herausforderungen, mit denen Sie sich da konfrontiert sehen?
Astrid Saalbach: Was auf jeden Fall eine ganz, ganz wichtige Voraussetzung ist, dass man das gesamte Haus mitnimmt. Also wie wir es jetzt schon eingangs erwähnt haben, Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche, natürlich auch in unserem Haus. Und ich finde, das ist eine sehr, sehr wichtige Voraussetzung, dass man komplett das ganze Haus mitnimmt. Dass man informiert, wo man steht, was man macht, dass alle Bereiche teilhaben dürfen und sollen und ihre Ideen und Ziele einbringen. Also das ist ganz, ganz grundlegend. Nichtsdestotrotz ist, und das habe ich eben auch erwähnt, dass wir uns auf einige SDGs oder einige Handlungsfelder, Themenbereiche konzentrieren werden, weil das auch sinnvoll ist, dass man sich auf manche Dinge spezialisiert oder fokussiert und nicht versucht, alles direkt anpacken zu wollen. Das ist, glaube ich, eine ganz, ganz wichtige Voraussetzung, dass man alle versucht mitzunehmen und teilhaben zu lassen. Also aufruft zu überlegen, was in dem eigenen Bereich für Zielsetzungen anstehen oder wo man gerne hin möchte in seinem eigenen Themenbereich. Und dass man das abfragt und dann zusammenbringt, weil das, glaube ich, die beste Voraussetzung ist, um auch Nachhaltigkeit bei den Mitarbeitenden zu verankern. Wenn ich alle mitnehme und auch eine Verantwortung sozusagen erbitte oder sage, wie könnt ihr beitragen, was wären eure Ziele, ich glaube, da ist schon sehr, sehr viel gewonnen. Weil Nachhaltigkeit einfach vom Mitmachen lebt und auch davon, dass man das selbst verinnerlicht und das auch Stück für Stück. Das kann nicht von heute auf morgen gehen, das ist ein wahnsinnig langer Prozess. Dessen muss man sich auch bewusst sein. Aber ich glaube, das ist ein ganz, ganz wichtiger Baustein, dass man eben versucht, da möglichst alle mitzunehmen. Und an diesem Punkt sind. Wenn man jetzt klassischerweise sagt, wie geht man vor für die Erarbeitung einer Strategie, das beginnt man eben mit dieser Bestandsanalyse, wo stehen wir, wo sind Chancen, Risiken, Stärken, Schwächen, dann geht man eben ran, diese Strategie zu erarbeiten im Team, wie ich es eben auch schon gerade erwähnte. Nachher geht’s darum, die natürlich dann auszuarbeiten, dann in unserem Fall dem Kreistag vorzulegen, dass er die dann auch beschließt. Das ist natürlich unsere Hoffnung. Nachher geht’s aber dann darum, diese Strategie auch umzusetzen und zu steuern, zu schauen, wo müssen wir vielleicht nachjustieren, um dann tatsächlich die Ziele, die wir uns gesetzt haben, zu erreichen. Und als nächstes geht’s dann darum, auch zu bewerten: Sind wir, haben wir die Ziele erreicht? Sind wir besser sogar oder haben wir einige Ziele nicht erreicht? Und dass man dann auch wieder diese Strategie fortschreibt. Es ist eigentlich ein fortlaufender Prozess. Die Erarbeitung der Strategie ist nicht damit abgeschlossen, indem wir sie eben dann dem Kreistag vorlegen und dann wird sie unterschrieben oder beschlossen, sondern dann beginnt eben die Arbeit, wie ich es gerade sagte, in der Umsetzung und auch in der Fortschreibung. Es ist wirklich ein dauerhafter Prozess. Und besonders dafür ist es wichtig alle mitzunehmen auf den Weg, damit sie mitgehen und nicht irgendwo auf der Strecke zurückbleiben.
Klaus Reichert: Ich wollte grad sagen, Mensch, das hört sich an wie das, was ich täglich so mache, agiles Innovationsmanagement. Sie haben es auch nicht besser wie der Rest von uns. Alle einbeziehen, von unten her arbeiten, eine Fassung bringen, erstellen, mit der man arbeiten kann, daraus lernen, experimentieren und weiterentwickeln. Ist im Grunde auch das, was Sie jetzt machen.
Astrid Saalbach: Auf jeden Fall! Ganz genau. Auch das, was Sie gesagt haben, von unten das her ausarbeiten, das ist ganz, ganz wichtig, um alle mitzunehmen. Und gleichzeitig ist es auch wichtig, dass die (unv. #00:17:53.4# Hausspitze?), egal ob es jetzt bei einer Kommune oder bei einem Unternehmen ist, dass die auch das möchte und vorantreibt. Ich glaube, das muss von eben verschiedenen Seiten und aus unterschiedlichen Ebenen kommen, nur dann kann das gelingen.
Klaus Reichert: Also das Mindset und vor allem auch die Ernsthaftigkeit hinter dem Auftrag, die muss in jedem Fall da sein.
Astrid Saalbach: Mhm (bejahend). Auf jeden Fall!
Klaus Reichert: Gepaart mit einer schönen Weitsicht auch. Jetzt, wo stehen Sie gerade in diesem Prozess?
Astrid Saalbach: Wir sind jetzt in der Erarbeitung der Strategie, beziehungsweise, dass die Kollegen und Kolleginnen uns eben rückmelden, wie sie ihre Ziele setzen für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Das fragen wir momentan gerade ab und sind da in Gesprächen, im Austausch, damit das einfach am Ende eine runde Sache wird, die stimmig ist. Da sind wir momentan an diesem Stand.
Klaus Reichert: Wenn Sie jetzt so auf Basis des aktuellen Wissens der Vorstellung, wie lange das jetzt dauern wird, was ist so Ihr Horizont, was sind so die nächsten Meilensteine? Vielleicht auch in Verbindung mit einer Zeitdauer, bis Sie das Ganze zum Beispiel in einer ersten Fassung im Kreistag vorlegen können.
Astrid Saalbach: Ein Grundgerüst wollen wir im, sagen wir mal, Frühjahr nächsten Jahres dann vorliegen haben, früher Sommer. Und das wäre jetzt so der nächste große Meilenstein. Und davor besprechen wir das natürlich auch noch mal im Haus mit den Amtsleitungen. Aber das wäre so ein Meilenstein für das nächste Jahr, dass man jetzt eben diese Rückmeldungen sammelt. Das wird noch bis zum Ende dieses Jahres gehen. Weil man muss auch bedenken, dass man sich natürlich im Haus auch abspricht mit den Zielen. Wenn man eine Abfrage macht, man kann nicht sagen, ich würde mir das und das wünschen als einzelne Person oder einzelnes Amt in unserem Fall, sondern vieles hat Auswirkungen auf andere Kolleginnen und Kollegen, auf andere Bereiche, die ähnliche oder gleiche Zielsetzungen haben oder vielleicht auch mal konträre. Von daher ist es sinnvoll, sich abzusprechen. Und deshalb wird diese Rückmeldung, noch bis zum Ende des Jahres werden wir das sozusagen abfragen und dann uns am Anfang des nächsten Jahres daran machen, das zu bündeln, zu clustern und dann eben einen ersten Aufschlag für diese Strategie zu schreiben.
Klaus Reichert: Das heißt, Sie haben dann bis zu diesem Punkt ungefähr ein bis anderthalb Jahre Vorlaufzeit mindestens gehabt an dem Thema?
Astrid Saalbach: Ja, genau! Beziehungsweise sogar noch ein bisschen länger. Diese Bestandsaufnahme liegt schon ein klein bisschen zurück. Dann bin ich im letzten Sommer eben, habe ich meine Arbeit hier aufgenommen und wir haben dazwischen jetzt auch einen Nachhaltigkeitsbeirat gegründet, um auch die Kreisgesellschaft einzubinden. Das ist uns auch ganz, ganz wichtig. Und das sind auch Bausteine, um die Nachhaltigkeitsstrategie irgendwie rund zu machen, dass wir da nicht nur an unser Haus oder an unsere Gedanken festhalten, sondern dass wir natürlich auch Impulse aus der Kreisgesellschaft bekommen, Fragen gestellt bekommen, die man sich manchmal im Eifer des Gefechts oder der Arbeit selber gar nicht mehr so stellt. Das ist ganz, ganz wichtig. Und dafür haben wir eben auch diesen Nachhaltigkeitsbeirat, der zwei bis drei Mal im Jahr dann tagt, und die uns da eben auch in der Erarbeitung der Strategie unterstützen.
Klaus Reichert: Hört sich nach einem guten Vorgehen an, das sich fast überall lohnt, so einen Beirat tatsächlich aus Fachmenschen, Fachleuten dann eben zu etablieren. Da kommt auch eine gute, finde ich, passende Frage von der Barbara Schmucker, einer Teilnehmerin der Liveaufnahme. Sie sagt, da es so viele Stränge zu verbinden gilt, würde es sie interessieren, welchen persönlichen Qualifikationshintergrund Sie haben für diese vielfältigen Aufgaben?
Astrid Saalbach: Ich habe einen interdisziplinären Studiengang studiert, der nennt sich Sprach-, Wirtschafts- und Kulturraum-Studien. Da geht’s eben drum, dass man wirklich unterschiedliche Fachdisziplinen studiert und da Einblicke gewährt, angefangen von Wirtschaftswissenschaften über Sprachwissenschaften. Und in einem Kulturraum, auf den man sich spezialisiert, hat man dann Politikwissenschaft und Landeskunde et cetera pp. Das heißt, wir waren schon während des Studiums angehalten, sehr viel miteinander zu kommunizieren, uns zu erkundigen, proaktiv Informationen einzuholen, viel uns zu vernetzen. Und ich glaube, das ist eine sehr gute und sehr wichtige Basis für diesen Job, dass man da gerne Menschen miteinander ins Gespräch bringt oder mitdenkt, auch kommuniziert, das ist ganz, ganz wichtig. Und ich würde denken, dass ich da sicher auch während dieser Ausbildung ganz gute Tools und Instrumente an die Hand bekommen habe.
Klaus Reichert: Wahrscheinlich gehört auch dazu ein gewisser Hang zur Diplomatie, bei so viel Beteiligten, bei so vielen verschiedenen, auch Interessen, die es dann …
Astrid Saalbach: Das stimmt.
Klaus Reichert: … tatsächlich zusammenzubringen gilt.
Astrid Saalbach: Das ist richtig. Ganz genau! Das ist auch, also man muss sicherlich da diplomatisch vorgehen, aber was eben auch Nachhaltigkeit bedeutet, ist, dass man Zielkonflikte aushalten oder aushandeln muss. Wir hatten wohin diese Sustainable Development Goals angesprochen. Da gibt es auch Ziele, die sind alle gleich wichtig, aber es kann Projekte geben, wo diese Ziele aufeinander kommen und aber sich entgegenstehen und im Konflikt sind. Ich glaube, dass es wichtig ist, das auf jeden Fall immer anzusprechen, ins Gespräch darüber zu gehen, auszuhandeln, was die beste Lösung ist. Oder das auch dann auszuhalten oder zu sagen: Ja, das ist ein Konflikt oder wir können es nicht lösen oder momentan nicht, vielleicht in der Zukunft. Aber das gehört genauso dazu. Also Diplomatie und sicherlich aber auch, dass man Konflikte oder Herausforderungen offen anspricht und sagt: Da müssen wir irgendwie eine Lösung dafür finden.
Klaus Reichert: Was haben Sie denn so als Beispiel für eine besondere Herausforderung im Landkreis Böblingen, was vielleicht jetzt so einem Thema entsprechen würde?
Astrid Saalbach: Was für uns als Landkreis eine Herausforderung sein wird, wobei wir die aber nicht großartig beeinflussen können, ist natürlich der Wandel in der Automobilindustrie. Der Landkreis Böblingen ist natürlich geprägt, wie gesagt, von dieser Branche. Wir haben hier die großen Automobilhersteller und auch Zulieferer. Und da findet aktuell ein sehr, sehr großer Wandel statt. Das wird sicherlich auch Auswirkungen auf den Landkreis haben. Wie gesagt, wir können das nicht direkt steuern, aber wir können das versuchen zu flankieren, versuchen, was in unserer Macht steht, da abzufedern. Und das wird sicherlich eine Herausforderung für den Landkreis sein. Deshalb haben wir auch das, wenn ich das vielleicht nur ergänzen darf, das SDG 9 von dieser Agenda 2030, bei der es eben um Innovation und Industrie und Infrastruktur geht, auch als eines der Fokus-SDGs, so nennen wir das bei uns im Haus, gewählt, weil das tatsächlich eine große Herausforderung sein wird.
Klaus Reichert: Da hätte ich Ihnen natürlich dazu geraten, weil Innovation natürlich eines der wichtigsten Themen der Welt ist.
Astrid Saalbach: Sowieso! Ganz, ganz klar. Auf jeden Fall. Ja.
Klaus Reichert: Jetzt haben Sie mit Ihren 26 Kommunen schon einiges zu tun. Gibt’s denn da noch weitere Partner, die in so einem Fall beteiligt sind? Also zum Beispiel vielleicht große Unternehmen oder Bürgerverbände oder sowas?
Astrid Saalbach: Die sind eben Mitglied dann in unserem Nachhaltigkeitsbeirat. Da haben wir Vertreterinnen und Vertreter aus den verschiedensten Bereichen, unter anderem auch der Wirtschaft, die Sie gerade ansprachen. Aber wir haben auch Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen, aus dem Kreistag ist von jeder Fraktion eine Person vertreten, genau, von jeder Fraktion, Entschuldigung. Oder auch vom Gemeindetag, also von diesen 26 Kreiskommunen ist eine Vertretung ebenfalls in diesem Nachhaltigkeitsbeirat. Und wir haben Vertreterinnen und Vertreter, ich sage, das ist so der Block der Zivilgesellschaft. Da sind Kolleginnen aus dem Bereich Umwelt, Klima dabei, Integration, Entwicklungszusammenarbeit, Inklusion. Also wir haben versucht, in dem Beirat wirklich da eine Vielfalt herstellen zu können, um eben wirklich aus den unterschiedlichsten Bereichen Impulse für unsere Strategie zu bekommen. Und gleichzeitig auch das, was wir im Landratsamt machen, über diese Mitgliedsinstitutionen sozusagen in den Kreis hineinzugeben.
Klaus Reichert: Ist es denn in dieser Zusammenarbeit schwierig, zum Beispiel alle unter einen Hut zu bekommen? Ist das überhaupt notwendig, immer einen Konsens zu finden in diesem Zusammenhang?
Astrid Saalbach: Bisher konnten wir die gut unter einen Hut bekommen. Und ich hoffe, dass das so weitergeht. Ich glaube, dass die Vielfalt, am Beispiel des Nachhaltigkeitsbeirats, auch eine Stärke ist. Und egal, wo. Also wir haben auch hier im Landratsamt jetzt eine Gruppe gegründet, das sind Kolleginnen und Kollegen aus dem kompletten Haus, aus allen möglichen Ämtern, die alle ihre Erfahrung und ihr Wissen aus dem Bereich mitbringen, in dem sie arbeiten. Das ist auch sehr, sehr vielfältig. Natürlich ist es dann manchmal eine Herausforderung, dann alle vielleicht unter einen Hut zu bekommen. Aber ich finde diese Vielfalt, egal ob es jetzt in dem Beirat ist oder eben in dieser internen, wir nennen das Mentoren-Gruppe, das macht die Gruppe auch stark. Also diese Vielfalt auch zuzulassen, oder eben, wie wir vorhin schon sprachen, Zielkonflikte anzusprechen, ich glaube, dass eine Diskussion darüber einen immer weiterbringt, auch wenn sie für den Moment nicht so erscheint. Aber doch, man denkt darüber nach, und ich glaube, dass eine Vielfalt einerseits eine Herausforderung ist, natürlich, aber auch eine Chance birgt, dass man sich über bestimmte Themen klarer wird oder seine eigene Meinung oder sein Handeln schärft.
Klaus Reichert: Absolut! Ja. Ein großes, diverses Team ist im Grunde die Basis für gute Blickwinkel, vielfältige Blickwinkel und gute Ideen.
Astrid Saalbach: Ja, absolut!
Klaus Reichert: Guter Punkt. Kreativität ist gerade bei Innovation ein wichtiges Thema. Bei Ihnen haben Sie schon gesagt, dass Sie natürlich auch mit den vielen Beteiligten sprechen, sie zusammenbringen. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie da sicher auch Workshops organisieren, viele Termine machen. Aber ganz konkret: Gibt’s bei Ihnen eine besondere Vorgehensweise, wie Ideen entstehen, wie vielleicht auch Lösungsansätze entstehen für bereits formulierte Herausforderungen?
Astrid Saalbach: Ich glaube, dass ich da anknüpfen kann auch an dem, was ich vorher sagte. Durch die Vielfalt der Mitarbeitenden, also was jetzt mal die interne Verwaltung eben angeht, die bringen aus ihren Bereichen sehr viele Ideen mit. Daran mangelt es dann nicht sozusagen, also da haben wir auf jeden Fall immer wieder gute Impulse, wie man was einbringen oder vernetzen könnte.
Klaus Reichert: Sie haben in jedem Fall auch ein offenes Ohr.
Astrid Saalbach: Das, auf jeden Fall. Genau! Das ist auch sehr, sehr wichtig, oder so denke ich oder so gehe ich heran, dass man da auch Ansprechpartnerin ist für die Kolleginnen und Kollegen auch im Kleinen, dass man versucht, bestimmte Sachen zu lösen, die im Haus eben bisher so gehandhabt wurden und wo es Anregungen gibt, ob man das nicht nachhaltiger in den drei Dimensionen anpacken könnte. Das ist natürlich auch ein bisschen ein Spagat von kleinteiligen Aufgaben dann bis hin zu dieser großen Strategie, das alles auch unter einen Hut zu bekommen im eigenen Arbeitsbereich. Aber es bietet natürlich auch sehr, sehr gute Einblicke überhaupt in die Arbeitsweise und in die Bandbreite an Themen, die das Landratsamt bietet. Da bin ich jeden Tag wieder, ich bin jetzt ein Jahr hier im Haus, und jeden Tag höre und lese ich wieder etwas Neues, was ich noch nicht wusste, was wir als Kommunalverwaltung auch verantworten und vorantreiben. Das ist wirklich ein sehr, sehr großes und breites Feld. Von daher gibt es an vielen Stellen gute und viele Ideen, wie man das Thema Nachhaltigkeit da weiter vorantreiben kann und umsetzen kann.
Klaus Reichert: Das heißt, Sie sind wahrscheinlich eine der wenigen, die schon mit allen Kollegen und Kolleginnen gesprochen hat, zusammengekommen ist.
Astrid Saalbach: Ja. Gut, wir haben über 2200 Mitarbeitende, also mit jedem und jeder habe ich noch nicht sprechen können.
Klaus Reichert: Na, da haben Sie noch was vor sich.
Astrid Saalbach: Aber schon mit einer, genau, Vielzahl an Mitarbeitenden. Das ist, wie gesagt, total spannend. Und überall fallen mir Anknüpfungspunkte ein zu Themen der Nachhaltigkeit oder zu Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich vorher gesprochen hatte. Das macht auch total viel Spaß, so zu arbeiten.
Klaus Reichert: Wie verarbeiten Sie dann diese ganzen Anknüpfungspunkte, Vorschläge, Ideen? Haben Sie da ein besonderes Tool zum Beispiel?
Astrid Saalbach: Ein besonderes Tool habe ich nicht. Ich versuche das festzuhalten schriftlich in so einem Wissensspeicher, dass man da immer wieder auch mal drüber gehen kann und wieder anknüpfen kann und sagen, ach ja, genau, das war doch was. Das wäre jetzt der Zeitpunkt, das dann auch anzugehen. Also ein besonderes Tool habe ich dafür nicht, aber ich versuche, das im Sinne des Wissensmanagements auch wirklich aufzunehmen oder zu bearbeiten, weiterzugeben, je nachdem, damit es nicht verloren geht.
Klaus Reichert: Ja, toll! Das ist ein viel wichtiger Punkt. Wenn so viel auf einen zukommt, dann muss man schon auch Möglichkeiten finden, und da sind wir jetzt gerade wieder beim Innovationsmanagement, aber da können wir sicher noch ganz andere Punkte nehmen, mit diesen Themen umzugehen, damit sie nicht verloren gehen und eben bearbeitbar bleiben.
Astrid Saalbach: Ich glaube, dass es auch wichtig ist, dass man das zuverlässig anpackt oder zumindest versucht weiter zu treiben. Weil ich glaube, dass das auch, egal für welches Thema, aber jetzt in meinem Fall Nachhaltigkeit, und den Punkt alle mitzunehmen sehr, sehr wichtig ist, dass man auch sich kümmert oder dass man versucht, Lösungen zu finden, andere anzusprechen, einzubinden. Ja, das glaube ich, ist ganz, ganz wichtig, dass man da irgendwie auch eine verlässliche Person ist, und es zumindest versucht. Also es gibt nicht für alles gleich eine Lösung, vielleicht kommt die erst in drei Jahren oder erst übermorgen, aber dass man das aufgreift, was einem angetragen wird, und versucht, das in dem großen Gerüst einzuordnen oder im passenden Moment anzudocken, damit sich was bewegt. Das ist wichtig, denke ich. Ja.
Klaus Reichert: Ja, bin ich sehr bei Ihnen. Jetzt haben Sie es gerade schon so ein bisschen angesprochen. Es gibt da natürlich immer wieder spannende Unterhaltungen, es gibt anregende Themen, Gespräche, Ideen, aber manchmal ist es nun mal auch so, dass es halt auch nicht so ganz vorangeht oder dass man nicht sieht, wann es kommt, oder dass es länger dauert. Es gibt auch immer wieder Frustrationen in so einem Prozess. Wie schaffen Sie es da, die Motivation so hochzuhalten? Es wird bei Ihnen auch immer wieder mal Phasen geben, wo es dann auch nicht so ganz weitergeht. Haben Sie da einen Trick?
Astrid Saalbach: Ich habe zum Glück viele Kolleginnen und Kollegen, die für das Thema sehr, sehr offen sind und auch selber vor Ideen sprudeln und sehr motiviert sind, das Thema Nachhaltigkeit in ihrem Bereich voranzutreiben. Ich finde das dann immer motivierend, mich mit denen auszutauschen. Und wenn ich dann merke, dass die auch da so dabei sind, dann kann mich vielleicht so ein Motivationsloch, was man mal haben könnte, ist man dann eigentlich schnell wieder draußen. Weil man einfach sieht, es gibt so viele, die da wirklich was bewegen wollen und die da mitziehen und die Ideen haben. Das finde ich dann persönlich sehr, sehr motivierend und zeigt, dass ich da auch nicht alleine bin, also gar nicht, ganz im Gegenteil. Das ist auf jeden Fall ein schönes Zeichen und macht mir Spaß, so auch in so einem Team dann zu arbeiten von engagierten Kolleginnen und Kollegen.
Klaus Reichert: Ja, schön, dass Sie das Wort Spaß erwähnen. Das vergisst man doch immer wieder bei der Arbeit, aber es ist ganz was Essenzielles. Wenn wir versuchen, mit Menschen gemeinsam in einer großen Gruppe etwas zu bewegen, dann brauchen wir natürlich auch Disziplin, dann brauchen wir auch mal Energie, dann brauchen wir auch mal, müssen wir uns auch mal zusammenreißen, aber im Großen und Ganzen muss das vor allem auch Spaß machen.
Astrid Saalbach: Auf jeden Fall, definitiv! Und besonders auch beim Thema Nachhaltigkeit, glaube ich, ist es wichtig, dass man da auch den Spaß nicht verliert. Weil tatsächlich ist natürlich mit Nachhaltigkeit auch eigentlich viel Verzicht verbunden, was eigentlich keiner so richtig aussprechen möchte.
Klaus Reichert: Nicht mehr.
Astrid Saalbach: Nicht mehr?
Klaus Reichert: Das hatte man lange Zeit versucht und das kam nicht so gut an.
Astrid Saalbach: Genau! Aber es kann auch wirklich und es macht auch Spaß und wie Sie sagen, ich kann es nur bekräftigen, das sollte man nicht aus dem Blick verlieren. Ich finde auch, dass das Bewusstsein für nachhaltiges Leben und Arbeiten sich mehr und mehr durchsetzt und man einfach immer mehr auf Leute trifft, die auch gerne nachhaltiger leben und arbeiten möchten. Dann kommt so ein bisschen eins zum anderen. Also das finde ich super motivierend und wirklich, macht viel, viel Spaß, dann in diesem Feld zu arbeiten.
Klaus Reichert: Die Themen, an denen Sie arbeiten, sind doch weit gefasst und haben sehr viel mit dem normalen Leben zu tun. Das bedeutet aber auch, dass Ergebnisse Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie oder Ihrer Bemühungen um Nachhaltigkeit tatsächlich auch zu Veränderungen führen können, sollten bei den Beteiligten, bei den Betroffenen, bei den Menschen in dem Landkreis, in den einzelnen Kommunen. Das bedeutet aber auch, dass man eben offen sein muss für diese Veränderungen, vielleicht sogar für eine Art kontinuierliche Veränderung.
Astrid Saalbach: Das ist richtig. Genau! Ich denke, wenn man sich so eine Strategie gibt, ist das auch ein Bekenntnis dazu, sich zu verändern hin zu mehr Nachhaltigkeit. Und auch dessen müssen wir uns, glaube ich, jeden Tag mehr und mehr bewusst werden.
Klaus Reichert: Das ist eine Herausforderung. Also dieses, wir merken es zum Teil ja auch in so diesen täglichen Diskussionen, aber ich merke es halt auch im Umfeld von Innovationsmanagement, dass manche Menschen eher bereit sind, tatsächlich mitzumachen, andere eher nicht. Das ist gar nicht so einfach, auf der einen Seite natürlich Vielfalt haben zu wollen, aber auf der anderen Seite natürlich auch eine Entwicklung anzustoßen, die in eine bestimmte Richtung dann geht. Und zu Veränderungen führt, was manchmal vielleicht auch liebgewonnene Gewohnheiten aufzugeben bedeutet.
Astrid Saalbach: Natürlich, auf jeden Fall! Das ist damit, denke ich, auch verbunden. Und dessen muss man sich wirklich einfach bewusst sein. Aber das ist auch ein Prozess. Also das geht auch nicht von heute auf morgen. Da muss man sich auf den Weg machen und das Stück für Stück verinnerlichen, realisieren. Ich glaube, dann kann man sich auch verändern. Aber das ist ein Prozess, der lange dauert, – also darauf muss man sich, denke ich, auch einstellen – aber der dann hoffentlich auch zu guten positiven Ergebnissen führt.
Klaus Reichert: Da haben Sie ein wichtiges Thema angesprochen. Für den Podcast ist es wichtig, vom Zuhören ins Machen zu kommen. Wir wünschen uns viele andere Kommunen, andere Landkreise, die Sie nachahmen. In dem Fall ist Kopieren erlaubt.
Astrid Saalbach: Genau!
Klaus Reichert: Was wäre denn so ein Einstieg für einen anderen Landkreis? Was würden Sie dem empfehlen, wenn da jetzt der Landkreis XY kommt, vielleicht mal nicht in Baden-Württemberg, sagen wir mal im Norden, wie startet dieser Kreis, was würden Sie denen mitgeben?
Astrid Saalbach: Ich würde mich mit anderen Kommunen austauschen, die diesen Weg schon gegangen sind, und fragen, wie die das angepackt haben, eine Nachhaltigkeitsstrategie aufzustellen. Man kann das sowieso nicht eins zu eins kopieren. Also jeder Kreis, jede Stadt, jedes Dorf hat eine andere Struktur, andere Voraussetzungen, und deshalb kann man das sowieso nicht eins zu eins übernehmen. Aber es ist ganz, ganz wichtig, sich auszutauschen über erste Schritte: Wie seid ihr das angegangen? Was waren vielleicht Hürden? Was hat gut und schnell geklappt? Ich denke, da muss man das Rad nicht immer neu erfinden, sondern kann gerne von anderen lernen. Und da gibt es auch verschiedene Institutionen, die diesen Austausch bieten. Und besonders in Nordrhein-Westfalen, Sie sprachen gerade eher die nördlicheren Bundesländer an, gut, Nordrhein-Westfalen ist nicht ganz im Norden, aber …
Klaus Reichert: Nord.
Astrid Saalbach: … aus unserer Perspektive sozusagen schon. Also in Nordrhein-Westfalen gibt’s tatsächlich sehr, sehr viele Kommunen insgesamt und auch besonders Landkreise verhältnismäßig, die sich schon eine Nachhaltigkeitsstrategie gegeben haben. Also da kann man sicherlich auch sehr gute Beispiele finden. Aber tatsächlich auch hier in Baden-Württemberg gibt es einige Kreise, die sich da wirklich auch schon auf den Weg machen und oder schon weit dabei sind. Also nicht nur eben unser Landkreis Böblingen, sondern auch der Enzkreis oder Landkreis Reutlingen, auch Karlsruhe, Freudenstadt sind Landkreise, die hier in unserer Region sich mit dem Thema schon auch länger befassen und da wirklich engagiert dabei sind.
Klaus Reichert: Frau Saalbach, ich fand es jetzt besonders spannend, diesen Weg von Ihrem Beginn der Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie zu hören und auch davon lernen zu können. Ich glaube, das ist ein guter Einstieg für andere Landkreise, für andere Kommunen, auch wenn Sie sagen, dass es natürlich nicht kopierbar ist, aber am Anfang muss sowieso erstmal der Wille stehen. Deswegen hoffe ich, weil ich glaube, dass es den Weg wert macht, das Ziel den Weg wert ist, dass Sie viele Nachahmer finden. In dem Fall ist Kopieren tatsächlich erlaubt. Und ich wünsche Ihnen und dem Kreis Böblingen mit all seinen Kommunen und Bürgern und Bürgerinnen viel Erfolg bei Ihrem Vorhaben. Vielleicht kriegen wir das sogar hin, dass wir uns dann in ein bis zwei Jahren wiedersehen, um die nächsten Schritte sozusagen dann hören zu können. In jedem Fall aber vielen Dank, dass Sie heute dabei waren, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Astrid Saalbach: Vielen Dank für die Einladung nochmal, hat mir sehr, sehr viel Spaß gemacht. Und gerne, also in ein oder zwei Jahren stehe ich gerne zur Verfügung, dass wir uns austauschen können und schauen, was daraus geworden ist und wie unser Weg weitergegangen ist, komme ich gerne nochmal für einen Podcast vorbei.
Klaus Reichert: Super!
Astrid Saalbach: Genau, sehr, sehr gerne.