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Circular Economy: Schließen des Materialkreises bei Sportbooten 

Smart Innovation Ep. 72 Gespräch mit Franziska Link und Felicitas Frick von der Unternehmensberatung Ramboll. Wir unterhalten uns über ihre Studien für das Umweltbundesamt (UBA), erstellt zusammen mit Fraunhofer Umsicht und Fraunhofer ICT.

Felicitas Frick Franziska Link
(c) Felicitas Frick Franziska Link

Sie enthält konkrete Vorschläge zur Demontage von Sportbooten und untersucht, wie die Digitalisierung zur Kreislaufführung von Bootsteilen/-materialien beitragen kann. Dies als Grundlage für die Entstehung eines europäischen Marktes für die Verwertung von Sportbooten und das von Faserverbundwerkstoffen.

Download der Studie

Download der Studie „Digitale Kreisläufe schließen am Beispiel des Recyclings von Sportbooten, Leichtflugzeugen sowie Bedarfsgegenständen aus Faserverbundwerkstoffen“: „Die Studie beinhaltet ein Konzept für das Recycling von Sportbooten, Leichtflugzeugen und bestimmten Bedarfsgegenständen in Deutschland. Sie umfasst jeweils qualitative und quantitative Produktbeschreibungen, Demontageprotokolle für unterschiedliche Produktgruppen und ein digitales Konzept, nachdem ein modularer Produktpass mit gezielten Stakeholderinformationen die Kreislaufwirtschaft begünstigt. Es wird vorgeschlagen, diesen Produktpass in der europäischen Sportbootrichtlinie (2013/53/EU) festzuschreiben. Die sachgerechte Aufbereitung fordere zudem Abfallschlüssel für Altprodukte und für Abfälle faserverstärkter Kunststoffe im europäischem Abfallverzeichnis (2001/118/EG).“

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Franziska Link: Man muss zum Beispiel auch sagen, dass hier verschiedene Organisationen wie zum Beispiel die European Boating Industry im Moment auch ganz stark damit beschäftigt sind, Roadmaps und ähnliches auf den Weg zu bringen, um eben hier Recycling und eine Kreislaufwirtschaft im Bereich von Booten oder Sportbooten voranzubringen. Und wenn wir uns angucken, wo unsere Boote heutzutage herkommen, dann sind viele davon eben nicht mehr in Deutschland gebaut. Das heißt, wenn wir jetzt in Deutschland irgendwie anfangen, hier Registrierungspflichten oder Markierungspflichten oder auch Standards, Qualitätsstandards zum Beispiel für den Bau von Booten einzuführen und dann aber alle Boote irgendwie aus Polen kaufen oder aus anderen Ländern, dann merkt man relativ schnell, dass eine EU-weite Regelung bei so einem mobilen Geschäft wie Booten sehr sinnvoll wäre. Und die EU daran auch im Sinne ihrer Ökodesign-Richtlinien tatsächlich Interesse hat, da auf EU-Ebene was zu machen. Aber wie gesagt, wir haben uns in unserer Studie vor allem den deutschen Markt angeschaut, sind dann ganz am Ende eine Ebene höher und haben dann eben auch festgestellt, hier sind sehr viele Stakeholder unterwegs im EU-Raum, die sich dem gleichen Problemen widmen, also da ist wirklich Bewegung drin.

Klaus Reichert: Innovation weiterdenken und Zukunft einfach machen. Hallo! Klaus Reichert hier! Ich bin unabhängiger Unternehmensberater und für Innovation und Business Design. Ich begleite engagierte Unternehmer: innen und Führungskräfte sowie ihre Teams mit Smart Innovation auf dem Weg von der Vision zu enkeltauglichen Leistungen. Meine Mission ist es, Unternehmen und seine Menschen kreativer und innovativer zu machen. Ich arbeite remote von Baden-Württemberg aus. Im Smart Innovation Podcast spreche ich mit engagierten und kreativen Menschen über Innovationen, über , Unternehmertum und Verantwortung, gerade im Kontext des Klimawandels. Zuhörer können bei den Liveaufnahmen mitmachen und Fragen stellen, so wird Innovation lebendig und leicht umsetzbar. Die Live-Aufnahmen sind mittwochs, Episoden erscheinen montags. Den Link zu Terminen, Newsletter und dem Transkript finden Sie in den Shownotes. Bleiben Sie auf dem Laufenden und folgen Sie der Show, wo immer Sie Ihre Podcasts hören oder auf klausreichert.de/linkedin. Und denken Sie daran, es gibt kein Ende von Innovation, nur Starts.

In dieser Episode des Smart Innovation Podcast geht es um , Digitalisierung und Wassersport. Meine Gesprächspartnerinnen sind Franziska Link und Felicitas Frick von der Unternehmensberatung Ramboll. Wir unterhalten uns über ihre aktuelle Arbeit für das Umweltbundesamt, das sie zusammen mit Fraunhofer UMSICHT und Fraunhofer ICT erarbeitet haben. Sie enthält konkrete Vorschläge zur Demontage von Sportbooten und untersucht, wie die Digitalisierung zur Kreislaufführung von Bootsteilen und Materialien beitragen kann. Herzlich willkommen, schön, dass ihr heute mit dabei seid.

Franziska Link: Ja, vielen Dank für die Einladung.

Felicitas Frick: Danke auch von meiner Seite. 

Klaus Reichert: Wir haben ein Wahnsinnsthema, das ist spannend und es ist vielschichtig und komplex und darüber möchte ich gerne heute mit euch reden, vor allem über den Start, den ihr jetzt geleistet habt mit eurer Studie. Aber bevor wir da einsteigen, bitte, erzählt doch kurz, wer ihr seid, was ihr macht, welches Unternehmen Ramboll ist.

Felicitas Frick: Ich bin Felicitas Frick, ich bin Umweltingenieurin und seit 2020 bei Ramboll, ich arbeite dort in der Abteilung für Abfall- und Ressourcenmanagement. Und Ramboll, für alle, die den Namen noch nicht gehört haben, ist eine Ingenieur-, Management- und Architektur-Beratungsgesellschaft. Also ein sehr langer Name, deswegen, dementsprechend vielfältig sind auch unsere Projekte, die gehen von sehr technisch orientierten Dingen bis zu strategischer Beratung und dabei ist der Fokus immer auf den Aspekten der Nachhaltigkeit. Und, ja, mittlerweile hat Ramboll über 17.000 Mitarbeitende weltweit und unser Hauptsitz ist in Kopenhagen. Ich persönlich bin eben in der Abteilung für Abfall- und Ressourcenmanagement und beschäftige mich da vor allem mit dem Thema Circular Economy, was auch ein großes Feld ist, also es geht wirklich von Reparatur, Wiederverwendung, Recycling, verschiedene Abfallthemen, behandelt verschiedene Abfall- und Produktströme. Wir machen viel für Elektrogeräte, Verpackungen, Batterien und in diesem Fall eben auch mit Sportbooten. In dem Rahmen beraten wir Industriekunden, aber auch öffentliche Kunden. Und in dem Projekt, über das wir heute sprechen, ging es dann eben um den Kunden, das Umweltbundesamt.

Franziska Link: Ich bin Franziska Link, ich arbeite auch bei Ramboll, in einer anderen Abteilung oder Sparte sozusagen tatsächlich und zwar in unserem Center of Excellence Data Science. Wir beschäftigen, wie der Name schon sagt, uns mit Data Science, mit Digitalisierung, viel mit öffentlichen KundInnen, aber auch mit privaten Unternehmen und Organisationen. Und in diesem Projekt sind wir eben mit unseren KollegInnen aus dem Bereich Umwelt und Gesundheit da mit reingegangen, weil das Umweltbundesamt hier in diesem Projekt zum einen auf das Thema Kreislaufwirtschaft geschaut hat beziehungsweise diesen fokussiert hat. Aber eben ganz oben auch priorisiert hat, wie Digitalisierung oder digitale Mittel, digitale Konzepte dazu beitragen können, dass das Recycling oder die Kreislaufwirtschaft effizienter gestaltet wird im Bereich der Boote. Das heißt, wir haben quasi auf den Arbeiten unserer KollegInnen, die eher fachlich vom Blickwinkel des Recyclings da reingeschaut haben, dann nochmal mit dem Blickwinkel der Digitalisierung reingeschaut und uns zum Beispiel angeschaut, was für Daten gibt es in der Industrie oder gibt es bei den Unternehmen, um die es sich sehr dreht? Und was kann man da vielleicht in Zukunft auch an digitalen Konzepten aufstellen, auch auf EU-Ebene. Und in unseren anderen Projekten jetzt bei uns im Team, geht es da auch um ganz vielfältige Themen, von Datenstrategie, also Themen rund um, wie sieht eine Organisationskultur aus, in der digital gearbeitet wird oder die Digitalisierung und  Data-Science-Projekte vorantreibt, bis hin zu wirklich der Entwicklung von Webanwendungen, Prototypen und jetzt natürlich auch ganz neu mit dem Hype KI.

Klaus Reichert: Natürlich, das darf jetzt aber auch wirklich nicht fehlen.

Franziska Link: Genau. Allerdings noch nicht in dem Projekt mit den Sportbooten mit drin. Das wäre da auch nochmal interessant anzuschauen, KI und Sportboote.

Klaus Reichert: Fragen wir doch mal ChatGPT, was die dazu meinen.

Franziska Link: Genau.

Klaus Reichert: Ich finde es ein spannendes Unternehmen und gerade durch diesen internationalen Fokus, diesen relativ breiten Themenfokus, diese vielen Mitarbeitenden, entsteht doch extrem viel Know Hoe an einer Stelle. Also ich kann das sehr, sehr gut nachvollziehen, ich finde das wirklich spannend. Und lasst uns mal kurz anfangen, wie hieß denn das, was ihr gerade erarbeitet habt, also was ist der sperrige Titel bitte? Ich habe sowas wie digitale Kreisläufe schließen am Beispiel des Recyclings von Sportbooten, Leichtflugzeugen sowie Bedarfsgegenständen aus Faserverbundwerkstoffen.

Franziska Link: Wenn wir es ganz kurz runter brechen, wie wollen wir es schaffen in Deutschland oder in der EU, die Kreislaufwirtschaft im Bereich der Sportboote und andere Gegenstände aus Faserverbundwerkstoffen zu schließen.

Klaus Reichert: Ein wichtiges Thema. Wir haben gesagt, wir schauen jetzt mal erst einmal auf den Wassersport, das ist alles komplex genug. Da gehören natürlich auch noch andere Sachen dazu, Faserverbundwerkstoffe, glasfaserverstärkter Kunststoff, kohlefaserverstärkter Kunststoff. Es gibt auch noch andere Fasern, die man da rein machen kann, aber das sind so die landläufigen. Warum ist das wichtig, wenn wir auf den Wassersport gucken? Wisst ihr, wie groß der Bedarf ist, kann man dazu vielleicht Aussagen machen, gibt es da Daten dazu?

Felicitas Frick: Ja, teilweise gibt es auch Daten, aber zuerst noch zu deiner Frage, warum das wichtig ist. Also gerade von der Entsorgungsperspektive gibt es eben Materialien, die sich einfacher recyceln lassen und andere schwerer recyceln lassen. Und Faserverbundwerkstoffe, zudem, genau, wie du schon gemeint hast, unter anderem glasfaser- und kohlefaserverstärkte Kunststoffe gehören, ist eben noch relativ anspruchsvoll zu recyceln und lohnt sich auch aber erst ab bestimmten Mengen. Also das ist natürlich auch immer ein Thema bei Kreislaufwirtschaft und Recycling, das sich natürlich auch irgendwie wirtschaftlich lohnen muss, dass es am Ende gemacht wird. Und bei den Sportbooten haben wir eben gesehen, dass seit den 60er-, 70er-Jahren ungefähr gerade GFK verstärkt eingesetzt wurde, vor allem in den Rümpfen. Also das man immer weiter weggegangen ist von irgendwie Holz- oder Metallbooten und eben das sehr, ja, Robuste. Und es hat natürlich auch viele Vorteile, so ein GFK-Boot zu haben, dass man eben darauf umgestiegen ist und jetzt seit ein paar Jahren eben diese Boote auch als Abfall anfallen. Und wenn man, sage ich mal, jetzt mit so einer Lebensdauer von 50 Jahren rechnet, sind eben spätestens jetzt die Boote aus den 70er-Jahren dann immer mehr Abfall und liegen vielleicht auch irgendwo rum und könnten dann entsorgt werden. Und, genau, im Endeffekt ist es natürlich auch immer eine Umweltfrage, also einerseits eine Umweltfrage, aber auch eine Rohstofffrage. Also man möchte natürlich auch möglichst viele Wertstoffe wiederbekommen, in den Kreislauf führen, soll aber natürlich auch umweltgerecht passieren. Also auch gerade dieses Ganze vor Ort, vielleicht werden GFK-Rümpfe zersägt, da entstehen bestimmte Stäube oder Boote bleiben in Gewässern, ist das natürlich auch eine Umweltproblematik.

Klaus Reichert: Es ist schon großes Thema, über das wir gerade sprechen und deswegen ist es ja auch nicht so, dass man das alles zum Beispiel einfach mal mit einer Studie mal schnell abhakt. Da seid ihr so quasi am Start mit eurer ersten Studie, um das mal so zu sagen und habt da auch so eine gewisse an Methodikerarbeitung und so weiter gemacht. Wie war denn der euer Vorgehen? Was waren denn so die wichtigen Punkte in der Erarbeitung der Studie?

Felicitas Frick: Vielleicht kurz vorab, es gab eine Vorläuferstudie zu Recycling von Windenergieanlagen, also zwei Studien in dem Bereich, da waren wir an einer auch schon beteiligt, wo dann eben auch das Thema GFK aufkam. Und da hat es sich natürlich dann schön angeschlossen, weil auch, wir hatten es ja vorhin mit den Mengen und was sich wirtschaftlich lohnt, das war eben auch eine Idee der Studie vom Umweltbundesamt, ob man da vielleicht Mengen zusammenführen kann, also GFK von Booten und Windrädern. Und bei der Studie jetzt zu den Sportbooten und den anderen Gegenständen kann man es eigentlich recht grob aufteilen, das wir erst eine Marktstudie gemacht haben, uns also erst mal überhaupt angeschaut, wie viele Boote gibt es überhaupt in Deutschland, wie viele fallen als Abfall an? Das ist natürlich auch immer eine Frage dann für das Recycling, lohnt sich das? Also auch, weil wir hier das Thema ja Innovation oder Business haben, ist natürlich immer die Frage, sind da überhaupt Mengen da? Und dann anschließend an die Marktstudie haben wir uns angeschaut, wie aktuell das Recycling ist. Also gibt es da überhaupt schon was, gibt es irgendwelche Demontagebetriebe in Deutschland? Wie groß sind die, was machen die hier? Um dann als dritten Schritt selber Demontageprotokolle zu entwickeln, wir hatten Inspektionsprotokolle, Trockenlegungsprotokolle und Demontageprotokolle, um das einmal vollständig zu machen. Das war so der Aufbereitungsteil, also wo es um Recycling und Demontage ging. Und der zweite Teil der Studie hat sich dann eben um die digitalen Konzepte gedreht.

Franziska Link: Wir hatten ja dann schon einige Vorarbeiten, gerade durch die Marktstudie haben wir gesehen, wer sind die wichtigen Akteure im Lebenszyklus von Sportbooten und haben uns da dann quasi nochmal anfangs darauf konzentriert, was für Daten werden überhaupt ausgetauscht? Also gibt es in dem ganzen 50-jährigen, sage ich jetzt mal, Leben eines Sportbootes, fließen da irgendwo schon Daten? Also stellt zum Beispiel eine Werft einen Bauplan zur Verfügung oder eine Materialliste oder eine Gefahrenstoffliste? Und wer bekommt die dann, also wer hat darauf Zugriff? Ist die digital abgelegt, gibt es die in Papierform? Wenn die jemand verliert, wenn sie in Papierform ist, gibt es die irgendwie noch anders? Wie kommt ein Recycling-Betrieb von Booten, wie kommt der an seine Informationen, was da überhaupt für Material im Boot ist? Das alles haben wir uns angeschaut, vor allem natürlich in Gesprächen mit ExpertInnen, also sowohl Recyclingbetriebe als auch Bootsverbände et cetera. Und dann eben festgestellt, dass es relativ wenig Daten gibt, die im Moment im digitalen Raum unterwegs sind oder standardisiert und archiviert sind, vor allem über diese lange Lebensdauer eben. Wir haben uns dann in einem zweiten Schritt angeschaut, was gibt für Nutzungsszenarien, also welche Akteure im Lebenszyklus haben denn überhaupt Interesse daran, welche Daten zu erfahren? Es muss ja im Sinne der Datensparsamkeit wirklich nicht jeder Akteur in diesem Lebenszyklus alle Daten haben. Also beispielsweise interessiert jetzt vielleicht einen Bootsbesitzer die Materialliste weniger als ein Recyclingbetrieb. Da muss man dann natürlich genau hinschauen und haben dann darauf aufbauend eben zwei Empfehlungen entwickelt. Da können wir wahrscheinlich nachher auch noch mal darauf eingehen, was für Datenkonzepte aus unserer Sicht da sinnvoll wären, um eben Bootsrecycling sowohl für Boote, die heute schon irgendwo in Gewässern rumliegen und recycelt werden müssen, als auch für alle Boote, die jetzt noch auf den Markt kommen, eben nachhaltig und digital zu gestalten. Und sind dann noch eine Ebene höher gegangen und haben quasi angeguckt, was passiert eigentlich auf EU-Ebene, und sind da relativ schnell auf den digitalen Produktpass gestoßen und haben denen dann eben auch noch quasi so eine Art Konzept für Sportboote geschrieben. Und unser Bericht endet dann tatsächlich auch mit der Empfehlungen, den digitalen Produktpass in der EU-Sportbootrichtlinie einzubringen.

Klaus Reichert: Woah, das war jetzt ziemlich viel auf einmal, finde ich. Das zeigt aber schon auch, wie komplex die Thematik grundsätzlich ist, wie es eben nicht einfach so ist, dass man sagt, okay, da haben wir, was weiß ich, auch eine Fahrgestellnummer zum Beispiel, mit der wir dann ganz einfach das Sportboot identifizieren können und auch jemanden zuweisen können. Es ist ja vom Material her relativ schwierig, damit umzugehen, Verbundmaterialien haben das einfach per se in sich drin. Das kennt man auch vom Milchkarton, da freut man sich auch nicht drüber, ist auch schwer zu recyceln, beim Boot ist es nochmal schwieriger. Und das dann jetzt auf eine digitale Ebene zu heben, um dann auf der anderen Seite eben so eine Art Life-Cycle-, ja, Dokumentation zu haben, das ist dann nochmal ganz schwierig. Vor allem, weil es dann wahrscheinlich auch eine EU-Angelegenheit sein müsste, wenn ich das richtig verstanden habe oder, wenn wir so schlussendlich drauf zu gehen, ist es nichts, was wir einfach nur in Deutschland machen, sondern das ist etwas, was von der EU auch ausgehen müsste, unter anderen, weil natürlich in der EU es viele Länder mit Booten gibt.

Franziska Link: Genau, da kann Felicitas sicher auch gleich nochmal was sagen, wie so die Rücknahme und Recyclingsysteme in anderen Ländern funktionieren, weil das tatsächlich auch Teil unserer Marktstudie war. Aber man muss zum Beispiel auch sagen, dass hier verschiedene Organisationen wie zum Beispiel die European Boating Industry im Moment auch ganz stark damit beschäftigt sind, Roadmaps und ähnliches auf den Weg zu bringen, um eben hier Recycling und eine Kreislaufwirtschaft im Bereich von Booten oder Sportbooten voranzubringen. Und wenn wir uns angucken, wo unsere Boote heutzutage herkommen, dann sind viele davon eben nicht mehr in Deutschland gebaut. Das heißt, wenn wir jetzt in Deutschland irgendwie anfangen, hier Registrierungspflichten oder Markierungspflichten oder auch Standards, Qualitätsstandards zum Beispiel für den Bau von Booten einzuführen und dann aber alle Boote irgendwie aus Polen kaufen oder aus anderen Ländern, dann merkt man relativ schnell, dass eine EU-weite Regelung bei so einem mobilen Geschäft wie Booten sehr sinnvoll wäre. Und die EU daran auch im Sinne ihrer Ökodesign-Richtlinien tatsächlich Interesse hat, da auf EU-Ebene was zu machen. Aber wie gesagt, wir haben uns in unserer Studie vor allem den deutschen Markt angeschaut, sind dann ganz am Ende eine Ebene höher und haben dann eben auch festgestellt, hier sind sehr viele Stakeholder unterwegs im EU-Raum, die sich dem gleichen Problemen widmen, also da ist wirklich Bewegung drin.

Felicitas Frick: Obwohl ich hier auch sagen würde, dass das nicht nur eine Regelung auf EU-Ebene ist, sondern vor allem auch der Austausch. Also das habe ich auf jeden Fall auch mitgenommen von der EU-Roadmap, die jetzt da auf Weg gebracht wurde, dass eben nicht alle EU-Mitgliedsstaaten unbedingt von einer großen Bootsflotte oder eine große Bootsflotte besitzen. Also dass es da vielleicht auch drum geht, erst mal die fünf, sechs Länder an einen Tisch zu holen, wo das Thema Boot überhaupt relevant ist und sich da auszutauschen, was es schon gibt. Zum Beispiel in Frankreich haben sie vor ein paar Jahren das EPR-System auf den Weg gebracht. Das funktioniert, ja, wie ein Herstellersystem, wie es auch für andere Produkte gibt, das quasi die Hersteller sich teilweise beteiligen an einem Entsorgungs- und Rücknahmesystem und dann später damit an verschiedenen Orten in Frankreich kleine Betriebe oder die Montagebetriebe aufgebaut werden, wo dann die Boote abgegeben werden können. Und allein von sowas kann man ja auch schon mal lernen in anderen Ländern und gucken, hat man vielleicht ähnliche Mengen oder haben sie zu viele kleine Sachen aufgebaut, wäre es gut, das vielleicht zentraler zu machen? Also das man da einfach auch schon mal auf die Nachbarstaaten guckt.

Klaus Reichert: Man kann immer was lernen von guten Beispielen. Frankreich ist eine Wassersportnation mit vielen Herstellen, aber auch natürlich viel Küste und deswegen natürlich auch vielen, vielen Booten, die da unterwegs sind. Italien fällt mir ein, dann natürlich Skandinavien, die skandinavischen Länder. Wie schaut es in Deutschland aus, wie viel Boote gibt es da ungefähr oder wie viel Boote würden denn so im Jahr vielleicht anfallen, die dann ins Recycling gehen könnten, gibt es da Zahlen, Daten dazu?

Felicitas Frick: Ja, nicht viele Zahlen, aber, genau, wir haben auf jeden Fall uns auch verschiedene empirische Studien zumindest angeschaut. Es gibt nämlich keine flächendeckende statistische Erfassung von den Booten, weil, es gibt keine Registrierpflicht oder zumindest keine flächendeckende in Deutschland. Aber man kann so ungefähr abschätzen, dass es von diesen größeren Sportbooten so um die 500.000 gerade in Deutschland gibt, also da fallen jetzt so Motorboote, Segelboote et cetera drunter. Und was jährlich als Abfall anfällt, was wirklich so angegeben wurde in der empirischen Studie, sind tatsächlich nur so um die 216 Stück, hatten wir jetzt rausgefunden. Es gab eine Studie, die über zehn Jahre sich das angeschaut hat und wenn man das dann mal so jährlich runter rechnet, war das so, was man vielleicht, ja, annehmen kann. Was aber sehr interessant ist, ist das Potenzial, also an den Booten, dir eben noch nicht entsorgt werden, da waren Zahlen im Raum vor 10.000 bis 20.000 Booten, die in Marinas noch liegen. Wo es auch vielleicht nicht ganz klar ist, wer sind die Besitzer, Boote wurden geerbt, sind noch auf irgendwelchen Grundstücken, die aber de facto auch nicht mehr genutzt werden. Also wenn es gute Anreizsysteme gäbe, wahrscheinlich auch entsorgt würden. Und da fanden wir es dann interessant, sich drauf zu fokussieren und da hatten wir ausgerechnet, das so um die 15.000 bis 16.000 Tonnen an GFK anfallen könnte, wenn diese ganzen Boote entsorgt werden würden.

Klaus Reichert: Ich bin selbst gerne auf dem Wasser, ich kenne es, das in irgendwelchen Ecken, in irgendwelchen Schuppen, in irgendwelchen, was weiß ich, von Marinas und von Bootseignern und Bootsclubs eben die Boote teilweise rumstehen und einfach kaputt gehen, ja, die ganz alten Sachen. So ähnlich, wie du es angesprochen hast, man weiß vielleicht gar nicht mehr so genau, wem es gehört. Ich war mir aber nicht bewusst, dass das solche riesigen Mengen sind. Das heißt also, das ist schon ein Thema, über das wir gerade sprechen, das sind Mengen, mit denen man was anfangen kann und vor allem auch, wo man eine Industrie drauf aufbauen kann, wenn ich das so höre.

Felicitas Frick: Wenn man die wirklich mobilisieren würde, ich habe gerade nochmal nachgeschaut, es waren sogar 20.- bis 30.000, also sogar noch ein Tick mehr an Booten, die da rumliegen.

Klaus Reichert: Woah! Aber ein ganz wichtiger Einstieg für so ein Thema ist natürlich Daten. Ich muss wissen, wie viel habe ich davon ungefähr, ich muss wissen auch, wo sind die, aus welchen Materialien sind die. Jetzt man das natürlich, so einen digitalen Pass, nicht für jedes Boot der letzten 50 Jahre erstellen können, ja, das macht natürlich keinen Sinn. Aber es gibt sicher irgendwelche Typisierungen oder sowas, die man dann mal macht, dass man damit einsteigen kann, das sich so auch ein Recyclingbetrieb, ein kommender, müssen wir auch mal drüber sprechen, gibt es die überhaupt schon, sich einfacher tut, zum Beispiel Arbeit zu planen oder auch Mengen zu planen.

Franziska Link: Also wenn wir jetzt über Recylingbetriebe sprechen, da kann Felicitas wahrscheinlich auch noch was dazu sagen, also Recyclingbetriebe, die sich jetzt auf Boote spezialisieren in Deutschland, gibt es eine Handvoll. Es sind wirklich nicht viele und die haben vor allem, stehen im Moment vor der Herausforderung, die Menge zusammenzukriegen, das sich eben die Investitionen in die entsprechenden Maschinen et cetera lohnen und die Expertise aufzubauen. Also wirklich auch da quasi mit den ExpertInnen, die im Moment dafür zuständig sind, Boote trockenzulegen und zu demontieren, dass da dieses Wissen auch irgendwie, Wissensmanagement klingt immer so abgedroschen, aber das eben auch die nächste Generation an BootsrecylerInnen eben das entsprechende Fachwissen zur Verfügung hat. Ich glaube, das sind Herausforderungen, vor denen kleine Recyclingunternehmen in Deutschland im Moment stehen. Ganz viele andere kommen da auch noch dazu, eben zum Beispiel dadurch, dass es keine Recyclingpflicht, sage ich mal, gibt in Deutschland, sind die Mengen eben klein. Wenn die BesitzerInnen, die letzten BesitzerInnen eines Bootes dann erfahren, was so Recycling kostet in Deutschland und diese Kosten selber tragen müssen, schreckt das vielleicht auch noch mal ab, das Boot freiwillig zum Recycling zu bringen. Plus ein großer Kostenfaktor, den man nicht vergessen darf, ist der Transport von den Booten, um überhaupt zu diesen Recyclingunternehmen zu kommen den dann die BesitzerInnen auch selber bezahlen. Dem gegenüber stehen dann eventuelle Gewinne aus dem Wiederverkauf von wiederverwendbaren Teilen im Boot, also auf dem Sekundärmarkt zu verkaufen. Aber das ist eben oft, ja, oft ist es trotzdem für den letzten Besitzer, für die letzte Besitzerin eines Bootes ein Minusgeschäft, das Boot im Moment in Deutschland recyceln zu lassen. Es gibt diese Unternehmen, die sich darauf spezialisieren, aber es ist im Moment eben noch, ich will nicht Nische sagen, aber, ich glaube, ein kleiner Markt.

Felicitas Frick: Ja, vielleicht ist es da zu der Frage auch nochmal gut zu betonen, dass es hier wirklich um Sportboote geht, also nicht um große Schiffe, weil, da gibt es auch die Schiffsrecyclingverordnung auf EU-Ebene. Das sind halt irgendwelche riesigen Schiffe für Kreuzfahrten, was auch immer, da ist es relativ klar geregelt mittlerweile und da gibt es auch große Unternehmen, die sich darum kümmern. Sondern was wir uns angeschaut haben, sind wirklich diese kleineren Sportboote bis 24 Meter, die man vielleicht teilweise noch mit einem Hänger irgendwo hinbringen kann, teilweise eben aber auch nicht mehr. Das ist der Punkt, den Franziska schon angesprochen hat, also erst mal das irgendwie mit einem Kran irgendwo hinzubringen, zu transportieren, ist noch eine Herausforderung. Auch die Frage, darf man vor dem Transport, also bevor es vielleicht in einer genehmigten und zertifizierten Anlage ist, darf man da schon Teile entnehmen? Klar, den Mast muss man irgendwie, wenn es einen Mast gibt, muss der natürlich abgesägt oder abgenommen werden vor dem Transport. Aber man darf ja zum Beispiel nicht überall einfach schon mal was zersägen oder ein Boot trockenlegen, ist theoretisch, ja, nicht unbedingt gewünscht. Das sind einfach dann so praktische Fragestellung, also wie macht man das? Muss dann ein Boot in eins der vier, fünf Unternehmen gebracht werden, die es gibt? Und selbst für die ist es oft im Nebenbetrieb. Also was wir so gehört haben, gibt es eben Recycler, die sich sonst auch mit anderen Abfallströmen beschäftigen, die machen dann ein paar Boote pro Jahr, entnehmen dass, aber dadurch baut sich natürlich auch keine vertiefte Expertise auf. Das lohnt sich auch nicht unbedingt, wenn man das nur ab und zu macht. Und, genau, also eigentlich gibt es also ein Unternehmen, mit dem haben wir auch gesprochen, die versuchen das jetzt hauptsächlich aufzubauen, also das ist so deren Kerngeschäft. Und von denen aus Interviews haben wir schon so verstanden, wenn man das richtig macht, wenn man weiß, welche Teile in einem Boot noch Wert haben, was  man verkauft kann, kann sich das schon lohnen, so eine Bootsdemontage. Also gerade irgendwelche Messingteile, die man dann nochmal verkaufen kann.

Klaus Reichert: Wenn wir über Know How sprechen, habt ihr ja auch schon erste Schritte gemacht, um dieses Know How standardisieren durch die Fragebögen, die Checklisten, die man dann eben abarbeiten kann. Wir dürfen ja auch nicht vergessen, so ein Boot hat unter Umständen irgendwelche vielleicht gefährlichen oder schädlichen Materialien noch an Bord, auf die man achten muss. Wie seid ihr da vorgegangen? Was waren denn da so die Ergebnisse, was macht man mit diesen Checklisten zum Beispiel?

Felicitas Frick: Ja, das haben wir versucht, tatsächlich relativ praxisnah zu machen, also weil wir eben gesehen haben, dass es noch keine Standards gibt. Also anders wie zum Beispiel für Altfahrzeuge, es gibt eine Altfahrzeugrichtlinie, da ist es relativ klar geregelt, wie muss man so ein Autor trockenlegen. Solche Standards gibt es für Boote eben aktuell noch nicht und haben uns da erst mal wirklich Materiallisten von Booten angeschaut. Wir haben erst mal so eine grobe Kategorisierung gemacht, also für Motorboote und Segelboote und haben die dann nochmal unterteilt in verschiedene Bootstypen und für all diese Typen Bauteile- und Materialisten zusammengestellt. Also die sind auch wirklich sehr lang und ausführlich geworden. Natürlich nie vollständig, weil jedes Boot wurde irgendwie vielleicht nochmal umgebaut von einem anderen Hersteller, wie auch immer. Aber um so eine grobe Vorstellung zu geben, wo ist vielleicht ein Mast dabei, wo sind noch Kabinen, was müsste zurückgebaut werden und haben uns dann, ja, verschiedene Schritte überlegt für eine Demontage. Also natürlich erst mal muss so ein Boot inspiziert werden, umzugucken, in welchem Zustand ist das, könnte es überhaupt noch transportiert werden oder bricht es da dann direkt zusammen beim Transport? Auch schon mal so ein groben Blick zu bekommen, was für Schadstoffe sind transportiert, das fällt dann alles unter das Thema Inspektionsprotokoll. Auch vielleicht schon mal mit, ja, einer Besichtigung, in einer Videobesichtigung sich einen Eindruck zu verschaffen von dem Boot. Und haben dann für die Demontage das auch in verschiedene Unterpunkte geteilt, also das man erst mal die losen Teile entnimmt, dann guckt, welche Teile müssen abgesägt werden. Und immer mit dem Ziel, dass man ihr möglichst werthaltige Bauteile freilegt und um am Ende eben auch an den GFK-Rumpf zu kommen. Was ja eben auch ein Ziel war des Projektes, das man eben versucht, die GFK-Materialien zurückzugewinnen. Zwischen der Inspektion und dann wirklich der Demontage ist eben noch der Schritt der Trockenlegung, also falls noch irgendwelche Öle, andere Flüssigkeiten in dem Boot sind oder vielleicht auch nur noch ein bisschen Wasser, das man das natürlich ordnungsgemäß aus dem Boot entnimmt oder ablässt.

Klaus Reichert: Feuerlöscher, Gas, Kraftstoffe, kontaminiertes Wasser, Batterien.

Felicitas Frick: Genau, also das eher wird jetzt vielleicht nicht unbedingt in die Trockenlegung fallen, aber eben, dass man vielleicht vorab Schadstoffe entnimmt oder gefährliche Stoffe, bevor man da anfängt, irgendwas freizusägen.

Klaus Reichert: Ihr habt es als Checklisten gemacht, ihr habt damit natürlich Wissen kodifiziert. Wenn wir über sowas sprechen, ist das Wort Wissensmanagement ein, finde ich, sehr gutes Wort, ja. Vor allem, wenn dadurch etwas entsteht, was dann viele nutzen können, ohne groß was lernen zu müssen, ja oder groß den riesen Kurs zu machen, sondern einfach eine Checkliste durchzugehen, macht das Leben ja schon an vielen Stellen sehr, sehr viel leichter. Das kann man dann natürlich vor allem auch in einem nächsten Schritt auch gut digitalisieren, vor allem, wenn wir das jetzt noch verbinden mit unserem Produktpass zum Beispiel oder irgendwelchen Informationsmöglichkeiten, die ich brauche als Transport- oder als Recyclingunternehmen, um auch vielleicht auf EU-Basis zumindest diese Daten abfragen zu können. #00:26:56-8# 

Franziska Link: Wissensmanagement ist, glaube ich, schon wahrscheinlich das richtige Stichwort hier. Weil eine der Herausforderungen, die wir direkt am Anfang, als wir uns die Akteure im Lebenszyklus angeguckt haben, festgestellt haben ist, das einfach von einem Schritt zum nächsten sozusagen, also Boot geht an Händler, geht an BesitzerInnen, geht an Recyclingbetrieb und dann im Endeffekt zum, ja, im schlimmsten Fall zum Sperrmüll oder sonst wohin, das da auf jedem Schritt eben Informationen verloren gehen. Wir haben quasi mit dem Umweltbundesamt zusammen oder für das Umweltbundesamt da drei Ebenen an digitalen Konzepten entworfen, die da Abhilfe schaffen können und wirklich das, ich sage jetzt mal, das grundlegende oder ein Basiskonzept das Einfachste umzusetzen vielleicht auch wäre, im Grunde einfach eine Webseite oder ein ähnliches Informationstool, wo BesitzerInnen von Booten sich zum Beispiel darüber informieren können, was gibt es überhaupt für zertifizierte Recyclingbetriebe in Deutschland? Wo kann ich denn mein Boot hinbringen? Was kostet es ungefähr, wenn mein Boot jetzt vielleicht 20 Meter Länge hat und ich hab so ein paar Kerndaten die, wie Felicitas sagt, jetzt auch in so einer Inspektionsliste zum Beispiel abgefragt werden, also die da schon aufgeführt sind das ich mir schon mal ungefähr so eine Hausnummer abholen kann. Wie viel kostet das denn, wenn ich es dahin bringe? Also eine ganz grundlegende Webseite mit den rechtlichen Vorschriften zum Recycling von Booten für BesitzerInnen. Aber auch für Recyclingbetriebe, um da irgendwie den Markt zu öffnen und die Marktbarrieren abzubauen für den Eintritt neuer Unternehmen. Das wäre, so die die grundlegende Empfehlung oder die das grundlegende Konzept, was wir da an das Umweltbundesamt auch gerichtet haben. Aber dann sind wir natürlich auch, ja, einen beziehungsweise zwei Schritte weitergegangen, weil, da soll es nicht stehen bleiben. Also eine Webseite, auf der ich mir jetzt angucken kann, wo gibt es in Deutschland Recyclingbetriebe, die muss gut gepflegt sein und aktuell sein. Und die bringt mir auch einen Mehrwert, aber da geht noch viel mehr. Für den Stand, auf dem wir jetzt gerade sind, im Bereich organisatorische Konzepte oder digitale Konzepte, da kann noch viel mehr passieren in Deutschland und in der EU. Und der zweite Schritt war dann eben mal anzuschauen, okay, sagen wir, Deutschland baut sich ein entsprechendes Konzept auf oder Deutschland möchte hier Wissensmanagement und Informationsweitergabe betreiben, was wären dann jetzt die nächsten Schritte hier in Deutschland? Und für dieses Konzept oder für diese Überlegung haben wir eben so ein quasi Siebendatenkonzepte, haben es genannt. Also alle, die da vielleicht ein bisschen mehr im Thema drin sind, das kann man sich so vorstellen, als wären das sieben kleine Datenbanken im Grunde, wo verschiedene Informationen hinterlegt sind und die werden dann zu einer Meta-Datenbank zusammengeführt. Und nur, wenn man quasi alle diese Informationen hat, können wir auch in den nächsten Jahren hier ein gutes fachgerechtes Recycling auf den Weg bringen. Und ich möchte da jetzt auch nicht zu tief ins Detail gehen, aber die Siebendatenkonzepte, die wir da entwickelt haben, da geht es zum Beispiel zum einen einfach darum, okay, Werften, die Boote heutzutage auf den Markt bringen, die müssen irgendwo für die Bootsserien, die sie auf den Markt bringen, hinterlegen, was für Materialien sie verbaut haben. Das müssen nicht die detaillierten Baupläne sein, weil, da gibt es dann oft im Sinne des Wettbewerbs, gibt es da gewisse Hemmnisse der Unternehmen, dass sie das freilegen wollen. Aber was sie heute eh schon machen müssen, ist zum Beispiel Gefahrenstofflisten. Okay, warum digitalisiert man die dann nicht und archiviert die an einem Platz, wo Menschen oder Unternehmen oder Recyclingbetriebe in 40, 50 Jahren auch immer noch Zugriff darauf haben, wenn sie entsprechende Boote zurückbauen wollen? Das wäre zum Beispiel so ein erster Schritt, eine Datenbank aufzubauen, in der eben serienspezifische Merkmale hinterlegt sind und archiviert werden. Ein zweiter Schritt, das hatte Felicitas vorher auch schon angesprochen, und da gehört politische Arbeit und politische Richtlinien auf den Weg zu bringen dann stark dazu, ist eine Registrierungsdatenbank. Wir haben im Moment in Deutschland, außer in der Binnenschifffahrt und für Boote über 15 Meter, gibt es keine breite Registrierungspflicht. Die braucht es aber, wenn wir abschätzen wollen, was für Mengen da auf uns zu kommen in den nächsten Jahren. Und uns ist auch klar, dass es wahrscheinlich schwierig ist, die jetzt auf einen Schlag für alle Boote ab vier Meter Rumpflänge einzuführen. Das heißt, das kann man natürlich auch schrittweise machen soll. Zu einem ersten Schritt gehört da zum Beispiel im Sinne der Digitalisierung, dass die Daten nicht bei verschiedenen lokalen Amtsgerichten in Deutschland liegen, sondern dass die auf einer zentralen Datenbank liegen, auf die dann, ja, die entsprechenden Nutzergruppen, die daran Interesse hätten, also zum Beispiel Behörden zur Abschätzung von Abfallmengen, für die Zukunft auch Zugriff haben. Um solche Themen geht es da, also wenn wir solche Daten quasi standardisiert erfassen könnten und dann diese Information auch miteinander verbinden könnten. Also zum Beispiel, okay, wir haben die Registrierungspflicht, wir wissen, wie viele registrierte Boote gibt es im Moment in Deutschland. Wir haben das andere Datenkonzept oder die andere Datenbank, da liegen die Materiallisten drin pro Boot, pro Bootsserie. Verbinden wir die beiden, wissen wir ungefähr, wie viele Materialen, wie viel GFK zum Beispiel im Moment auf deutschen Seen oder auf der deutschen See unterwegs ist und was da vielleicht in 50 Jahren auch anfallen könnte dann an Material, was recycelt werden muss oder was als Abfall anfällt. Da kommen dann noch Themen dazu, wie zum Beispiel, da wird es dann ein bisschen komplizierter, sage ich mal, wo sich Recyclingbetriebe dann vielleicht noch registrieren und ihre Expertise in einer standardisierten Form anbieten können. Dass man zum Beispiel, wenn man es jetzt ganz platt sagt, auf Material klicken kann und dann gucken kann, welcher Recyclingbetrieb kann damit überhaupt umgehen oder ist dafür zertifiziert? Da geht es dann auch um solche Sachen wie hier, okay, ich hab diesen Bootstyp, was gibt es da im Sekundärmarkt vielleicht für Ersatzteile zu kaufen? Wenn diese Daten alle vorliegen würden, dann hätten wir, glaube ich, schon einen großen Schritt in Deutschland getan, um da effizienter Stromstofflenkung voranzutreiben.

Felicitas Frick: Ja, das stimmt, bei Kreislaufwirtschaft hilft irgendwie auch immer ganz gut die Vorstellung, dass man eigentlich so in zwei Richtungen arbeiten kann. Also das man einerseits die Abfälle hat, die natürlich jetzt schon da sind, wo man irgendwie andere Konzepte braucht als für die Abfälle, die in Zukunft anfallen. Wo man vielleicht viel eher von Anfang an gucken kann, wie designt man die, was für Daten hinterlege ich von Anfang an. Aber das können wir natürlich nicht für alle Boote machen, die jetzt schon da sind, deswegen finde ich es ganz schön, dass es da auch in beide Richtungen Ideen gab. Also zum Beispiel wie, jetzt noch eine Registrierungspflicht würde vielleicht ja auch noch für die Boote gehen, die jetzt schon da sind oder irgendeine Website mit einer Übersicht über Recycler. Das würde auch den Booten helfen, die jetzt schon Abfall werden, während andere Aspekte wie vielleicht der digitale Produktpass dann eigentlich eher für zukünftige Boote interessant sind.

Franziska Link: Und auf den digitalen Produktpass muss ich auch nochmal kurz eingehen. Den haben wir jetzt öfter mal erwähnt, aber ich glaube, vielen ist vielleicht noch gar nicht klar, was das überhaupt ist. Da gibt es eben in der EU die sogenannte Ökodesign-Richtlinie. Und da sind Sportboote noch nicht mit drin, das muss man gleich von Anfang an sagen, aber das wäre natürlich unser Bestreben jetzt hier. Und zwar, der digitale Produkt Pass ist quasi, ja, man kann es sich vorstellen, und das gibt es auch schon für manche Produkte, wie wenn man auf einem Produkt einen QR-Code hat, ich nehme mein Handy, ich scanne den und ich werde auf eine Datenbanken, eine Website oder Ähnliches weitergeleitet und finde da die Informationen, die mich als BesitzerIn eines Produkts interessieren. Das heißt, zum Beispiel sowas wie das, was wir gerade gesagt haben, wo könnte ich dieses oder wie muss ich dieses Produkt recyceln? Oder auch sowas, wie viel CO2 wurde in der Produktion meines Produkts überhaupt emittiert? Wo kommt es überhaupt her? Wo kommen die Rohstoffe her, was ist da drin alles verbaut? Bei Textilien zum Beispiel, wie muss ich das waschen, solche Dinge. Also der digitale Produktpass kann man sich vorstellen wie etwas, das auf dem Produkt klebt. Also das wird in der Ökodesign-Richtlinie als der Unique Product Identifier, also der einzigartige Produktidentifiziercode. Das ist der eine Teil davon und der andere Teil ist dann wirklich die Daten, die dahinterliegen. Und wir haben jetzt gerade eben schon für Sportboote von diesen Datenkonzept geredet, was wir da entwickelt haben und das wäre zum Beispiel sowas, was dann da dahinterliegt. Und dann bräuchte man jetzt, um das Ganze digitaler Produktpass nennen zu können, eben noch was, wie man vom Boot sozusagen darauf zugreifen kann, auf diese ganzen Daten, die dahinterliegen. Ein QR-Code auf einem Boot, können sich, glaube ich, alle vorstellen, dass das vielleicht bisschen, ja, schwierig ist, weil gerade bei Booten, ja, da kommen verschiedene Aspekte dazu. Der QR Code müsste fälschungssicher sein, er dürfte über die lange Lebensdauer der Sportboote, also etwa 50 Jahre, nicht irgendwie abhandenkommen, eben weil es dann eine Pflicht wäre, dass  das Boot damit zu identifizieren sei. Was wir aber haben in Deutschland auf Sportbooten heute schon und was ein super einfacher Einstieg wäre für diesen digitalen Produktpass, ist die sogenannte WIN-Nummer. Ich glaube, es heißt Watercraft Identification Number, was eine Nummer auf jedem Sportboot ist, die einmal sichtbar und einmal unsichtbar angebracht ist. Und über diese Nummer zum Beispiel, die könnte den Unique Product Identifier darstellen und über diesen Unique Product Identifier könnten dann verschiedene Interessensgruppen im Lebenszyklus eines Sportbootes Zugriff erhalten auf die Daten, die hinterlegt sein müssen. Aber, ich glaube, das haben jetzt wahrscheinlich dann auch alle bis hierher schon mitgekriegt, erst mal muss es diese Daten irgendwo geben und dann können wir den zweiten Schritt gehen und da dann auch einen runden digitalen Produktpass daraus machen. Aber das wäre eben so eine Empfehlung, die wir in unserem Projekt eben auch entwickelt haben, dass auf EU-Ebene auf jeden Fall was wäre, was auch politisch vorangetrieben werden sollte. Und was übrigens auch in unserem Koalitionsvertrag in Deutschland steht, dass das ein Interesse ist der Bundesregierung hier, mit dem digitalen Produktpass die Kreislaufwirtschaft wirklich voranzutreiben.

Klaus Reichert: Ja, jetzt bin ich ganz platt.

Franziska Link: Ja, ich habe voll viel geredet jetzt. 

Felicitas Frick: Jetzt musst du die Studie nicht mehr lesen.

Klaus Reichert: Danke, dass du schon alles erklärt hast. Wir müssen dazu sagen, die Studie ist abgeschlossen, aber sie ist noch nicht veröffentlicht, das wird in der nächsten Zeit passieren. Wir werden in jedem Fall, sobald es soweit ist, dann auch den Link in den Shownotes unterbringen, sodass man es dann leicht finden kann und auch nachlesen kann.

Felicitas Frick: Genau. Dazu muss man natürlich auch sagen, die Zahlen, die wir jetzt sagen, sind theoretisch vorläufig. Das Projekt ist soweit abgeschlossen, aber bevor es komplett veröffentlicht wurde, kann es natürlich immer noch kommen, dass irgendwas verändert wird, was wir natürlich auch nicht hoffen, so als Disclaimer.

Klaus Reichert: Wir machen hier eine Information zum Thema, wollen Interesse für das Thema wecken, im Idealfall gibt es Menschen, die dann sagen, Mensch, da habe ich sogar noch eine Idee dazu oder ich fange vielleicht sogar einen Recyclingbetrieb an, weil ich merke, da kommt was auf uns zu. Solche Sachen wären natürlich ganz, ganz tolle Ergebnisse aus unserem Gespräch heraus. Man wird ja noch träumen dürfen. Verstanden habe ich jetzt aber auch, dass es ein längerfristiger Prozess ist, der auf nationaler und auf mindestens EU-internationaler-Ebene stattfindet, wahrscheinlich auch in anderen Ländern dieser Erde. Die USA ist ein großes Land mit vielen Booten, mir fällt ad hoc auch sowas wie Indonesien ein, es gibt ganz sicher auch eine zunehmend wachsende Bootsindustrie in China. Habt ihr da schon Informationen, was da in diesen anderen Ländern läuft? Und gibt es da dann vielleicht auch irgendwelche Verbindungen, wo man dann voneinander lernen kann zum Beispiel aus Best-Practice-Beispielen oder was diese Datenbanken angeht?

Felicitas Frick: Also tatsächlich haben wir uns jetzt soweit, wie Richtung China, USA, Indien, keine konkreten Projekte angeschaut, also der Fokus war dann schon eher auf andere EU-Mitgliedsstaaten da mal zu gucken, was die machen. Und wir sind natürlich nicht die erste Studie, die sich damit befasst. Also wir haben auch mit Menschen gesprochen, die gerade in Schweden eine ähnliche Studie schreiben. Es gab auch vorher schon von Spanien oder Griechenland, weiß ich jetzt, ehrlich gesagt, nicht mehr, auch eine ähnliche Studie. Und auf EU-Ebene gab es auch schon mal Ideen, dass man sich verschiedene Punkte anschaut, wie man das Recycling verbessern könnte. Nicht alles ist noch aktuell oder teilweise wurden auch Sachen wieder aus dem Internet genommen. Deswegen ist es, glaube ich, schon gut, dass da auch immer wieder neu dran geforscht wird oder es wirklich auch diesen Austausch gibt. Genau, also zu dem Recycling selber, denke ich, kann man auf jeden Fall auch von anderen lernen, was sie machen, aber auch von den generellen Konzepten. Also es gibt da auch Ideen von Abwrackprämien oder eben von der erweiterten Herstellerverantwortung wie in Frankreich, also wo es dann eher drum geht, wie setzt man Anreize, das überhaupt erst mal die Boote zurückgegeben werden? Weil, ohne die Boote zu haben, können sie natürlich auch nicht recycelt werden. Deswegen würde ich da, glaube ich, den ersten Schritt sehen, dass man eher versucht, da Anreize zu setzen und eben dieses Bild, oh, es ist so teuer mein Boot zu entsorgen, positiv zu beeinflussen beziehungsweise auch wirklich zu ändern. Also das es dann vielleicht Anreize gibt oder einfachere Möglichkeiten, wie man von vorne hinein vielleicht eine einfache Kostenschätzung machen kann. Weil, gerade ist es natürlich sehr schwer, wenn vielleicht der Recycler über mehrere 100 Kilometer abschätzen muss, was könnte ich überhaupt aus dem Boot ausbauen? Wenn man da hinfährt, ist es natürlich ein Aufwand. Vielleicht könnte man das durch einfache Sachen, wie so eine Videoinspektion oder Videoführung durch ein Boot schon mal vereinfachen, das dann, ja, ein Recycler schon mal einfacher sagen kann, hier, so viel müsstest du bezahlen, so viel würdest du aber auch wieder rausbekommen durch die Wertstoffe.

Franziska Link: In dieser Studie haben wir nicht über den EU-Kontext hinaus noch weitere Beispiele verfolgt. Eine Erkenntnis, die wir hatten, aber auch die Auftraggeberin des  Umweltbundesamt, ist, das ja auf politischer Ebene auf jeden Fall sowas wie die Registrierungspflicht, der digitale Produktpass eventuell auch, da sind wir jetzt noch gar nicht  drauf eingegangen, neue Abfallschlüsselnummern für Sportboote einzuführen, das da auf jeden Fall Anreize geschaffen werden müssen. Was aber nicht heißt, dass interessierte BootskäuferInnen gar nichts tun können. Also es gibt Ansätze von verschiedenen Unternehmen, da nachhaltigen Bootsbau zu betreiben, nachhaltige Materialien zu verwenden. Es gibt viele Boote auch auf dem Second-Hand-Markt, wo man entsprechend vielleicht bewusste Kaufentscheidungen treffen kann. Also ich glaube, es gibt jetzt auch keine Ausrede  dafür zu sagen, wir warten mal, was die Politik macht und dann schauen wir mal, ob das mit dem Recycling und der Kreislaufwirtschaft besser läuft. Da gibt es auch heute schon Wege, wie man als KonsumentInnen oder Unternehmen da in die Nachhaltigkeit oder in dieses Thema reinschauen kann.

Felicitas Frick: Ja und glaube, gerade das Thema, was du angesprochen hast mit der Reparatur, ist, glaube ich, auch ein super Mehrwert für die Demontage. Gerade bei Booten ist es wirklich eine Besonderheit, dass es so einen guten Reparaturmarkt schon gibt, also echt quasi eine Reparaturkultur. Und auch an Wiederverwendung, dass mein Boot gleich, weiß ich nicht, fünfmal weitergegeben wurde, bis dann irgendwer sagt, jetzt gebe ich es nochmal irgendwo ab. Das kann man natürlich auch super nutzen, wenn dann doch irgendwann mein Boot demontiert wird, um da einzelne Teile wieder auf den Zweitmarkt zu bringen. Also das Leute da auch keine Berührungsängste haben, da vielleicht ein gebrauchtes Teil für ihr Boot zu kaufen. Und, genau, zu den Abfallschlüsselnummern, ist vielleicht nicht allen direkt klar, was es ist, von den ZuhörerInnen. Das eben für bestimmte Abfallfraktionen, die aus dem Boot dann ausgebaut werden, werden bestimmte Nummern zugeordnet. Also das ist auch eine Verordnung, wo steht, was wir Schlüssel oder was für Nummern es für bestimmte Abfälle gibt. Und die müssen, je nachdem, was für ein Abfallstrom das ist oder was für Eigenschaften der hat oder wo der herkommt, muss das ebenso klassifiziert werden und je nachdem, welche Nummer das ist, kann das auch in verschiedene Verwertungsbetriebe gegeben werden. Also die Verwertungsbetriebe ihrerseits haben auch bestimmte Nummern, die sie annehmen dürfen und das muss dann natürlich zusammenpassen, also der Abfall, der abgegeben werden will und der Abfall, den andere dann annehmen können. Und da gibt es speziell für GFK in dem Fall, gibt es keinen eindeutigen Schlüssel, wo man sagt, dem weist man dann immer diesen Abfall zu.

Klaus Reichert: Wir haben in diesem Feld eine gewisse mangelnde, noch nicht vorhandene Systematik, da mit den Materialen umzugehen. Dass ist das, was du gerade angesprochen hast, die man einfach auch braucht, damit man alles, was da vor- und nachgelagert ist, eben dann tatsächlich gut strukturieren zu können, gut erfassen zu können, gut damit arbeiten zu können, Abschätzungen machen zu können, Zertifizierungen zum Beispiel für Betriebe geben zu können und, und, und, und. Das hört sich nämlich im ersten Moment so an, als ob man vielleicht eigentlich gar nichts tun kann, aber auf der anderen Seite ist das natürlich der Einstieg in die ordentliche, standardisierte und vor allem skalierbare Umsetzung, wenn ich zum Beispiel solche Schlüssel haben.

Franziska Link: Genau. Und auch gerade für unsere digitalen Konzepte, wenn ich da vorher gesagt habe, wir haben da sieben Datenkonzepte, die man umsetzen sollte, dann sind die alle sozusagen auch unabhängig voneinander wertvoll. Das heißt, auch da könnte man zum Beispiel, selbst wenn es jetzt für die Registrierungspflicht von der  Registrierungsdatenbank noch einen politischen Prozess bis dahin dauert, kann man trotzdem schon anfangen, als Werft heutzutage seine Materiallisten digital irgendwo zugänglich zu machen, Gefahrenstofflisten oder Eignerhandbücher, die sowieso erstellt werden müssen, digital zugänglich zu machen, damit dann, wenn die Politik entsprechende Verordnungen oder Richtigen auf den Weg bringt, eben auch schon alles sozusagen in den Startlöchern steht.

Klaus Reichert: Das heißt, diese Art von Arbeit, die ihr grad leistet, die gibt auch Antrieb für andere Teile der Digitalisierung im Wassersport?

Franziska Link: Ja, genau. Also wir waren tatsächlich auch mit Verbänden im Austausch zu anderen Projekten, wo es zum Beispiel darum ging, das Werften ihre Arbeitsabläufe oder ihr Management von der Reparatur von Booten über digitale Tools gestalten oder effizienter managen können. Und da ist, glaube ich, noch viel, viel Luft und viel Spielraum. Boote sind natürlich, das haben wir sehr oft gehört, sind was Emotionales, die will man anfassen, da hängen die BesitzerInnen dran. Ja, ganz oft sind es ja auch ganz kleine Werften, die Spezialanfertigungen machen, dann gibt es das Boot wirklich nur einmal. Und als keine Werft würde ich mich jetzt vielleicht auch fragen, okay, dann heißt es für mich, dass ich hier so ein riesen Tool kaufen muss oder dass ich hier irgendwie ganz kompliziert meine Daten in eine vom Amt vorgegebene Form eingießen muss, in eine entsprechende Datenbank eingeben muss. Und so soll es natürlich nicht sein. Also das Umweltbundesamt ist sich da, glaube ich, schon auch bewusst, dass es sich hier um einen sehr, ja, individualisierten Markt teilweise auch handelt, aber deswegen muss man diese Konzepte vielleicht auch einfach iterativ einführen. Das heißt zum Beispiel, das eben erst die großen Werften, die in Serienproduktion arbeiten, eben anfangen, solche Materialisten abzulegen irgendwo und dann, dass man nach und nach sozusagen diese Konzepte auf den Weg bringt und, ja, auch in enger Zusammenarbeit mit den Akteuren weiterentwickelt.

Felicitas Frick: Und bis es sowas gibt, ist, glaube ich, auch einfach ExpertInnenwissen super wertvoll. Also das haben wir auch öfters gehört, die, die jetzt aktuell die Demontage von Booten betreiben, die sind teilweise auch einfach BootsbauerInnen und die gehen auf ein Boot und sehen es direkt. Also die brauchen vielleicht auch nicht unbedingt so eine Liste, sondern die erkennen dann, ach hier, unter der Staubschicht ist noch irgendwie ein wertvoller Messingknauf oder hier hinter dieser Abdeckung wird sich ziemlich sicher auch noch was verbergen, was man da aufschneiden kann. Also ich glaube, da kann man, wenn man sich da irgendwie vertieft oder Expertise in dem Bereich hat, auf jeden Fall auch super viel beitragen.

Klaus Reichert: Was ich verstehe ist, das wir im Grunde hier am Anfang eines großen Prozesses sind. Es wird sehr viel Grundlagenarbeit geleistet, ihr hat mit eurem Vorgeben da auch dazu beigetragen, es wird an vielen Stellen in der EU, wahrscheinlich auch in der Welt, am Thema gearbeitet. Das ist jetzt ein Prozess, der auf uns zukommt oder der läuft, der angestoßen wurde. Gibt es denn da so ganz grobe Meilensteine, eine Roadmap oder sowas, die als Orientierung dann dient?

Franziska Link: Also auf EU-Ebene gibt es eben die von der European Boating Industry derzeit entwickelte Roadmap, wo es eben genau um dieses Thema geht, also wo es darum geht, wie könnten wir Boote oder wie können wir Kreislaufwirtschaft im Bereich der Sportboote entwickeln. Und da ist zum Beispiel eine Abschlussempfehlung auch, dass sich eben die Akteure jetzt erst mal auch anfangen zu vernetzen sozusagen oder weiterverletzten speziell zu diesem Thema. Da gibt es verschiedene Konferenzen, Netzwerkgruppen und Ähnliches und die haben, ja, ganz verschiedene Themen auf dem Tisch. Was, worüber wir heute zum Beispiel wenig geredet haben und was auch nicht Teil unserer Studie war, ist das ganze Thema Finanzierungsmechanismus von Recycling. Also das eben nicht die Kosten vom Recycling am letzten Besitzer, an der letzten Besitzerin hängen bleiben, sondern das es entweder so eine Art Rücklagenmechanismus gibt oder das ist eben doch in eine Art erweiterte Herstellerverantwortung geht. An sowas arbeitet zum Beispiel die European Boating Industry da auf EU-Ebene und dann natürlich auch für standardisierte Prozesse für eben Demontage, Transport, Trockenlegung und, ja, Recycling von Sportbooten. Konkrete Schritte, ich glaube, da stehen dann wahrscheinlich so Zahlen im Raum wie 2030, 2040, wann dann wirklich nächste, ja, Schritte erwartet werden können. Tatsächlich auch, wenn jetzt der digitale Produktpass als Idee oder als Konzept in die Ökodesign-Richtlinie beziehungsweise in die EU-Sportbootrichtlinie mit einfließen sollte, dann würde das auch noch, denke ich, einige Jahre dauern, bis da dann die ganzen Gruppendetails wirklich ausgearbeitet sind.

Felicitas Frick: Aber das Umweltbundesamt macht natürlich auch politische Arbeit beziehungsweise legt die Grundlage dafür. Natürlich wird jetzt erst mal auf deutscher Ebene, wird vielleicht unsere Studie veröffentlicht, dann beschäftigt sich das Umweltbundesamt nochmal damit, dann auch das BMUV. Und dann guckt man sich vielleicht die Empfehlungen an, was sind da für Sachen? Wo könnte man auf deutscher Ebene vielleicht schon was machen, wie mit den Abfallschlüsselnummern? Da soll eh die Abfallrahmenrichtlinie in nächster Zeit auch nochmal überarbeitet werden, dann wird wahrscheinlich das Thema dort dann angestoßen. Und, genau, also ich denke, dass es da einfach verschiedene Punkte gibt, wo halt die relevanten Akteure in Deutschland das da politisch erst mal versuchen voranzutreiben. Und auf EU-Ebene, wie ich das auch von der Roadmap verstanden habe, ist tatsächlich DG MARE, also das Directorat General, was sich eben alles um Meer und Schifffahrt et cetera kümmert, das die auch ganz konkret versuchen, so Funding-Systeme aufzubauen. Ich weiß nicht, ob das dann am Ende direkt an Unternehmen geht, aber das ist, glaube ich, dann auch interessant, sich sowas mal genauer anzuschauen, also was da für Rahmenbedingungen sind, um da europäische Förderung zu bekommen. 

Klaus Reichert: Da passiert viel, da wird viel noch passieren, es ist auf vielen Roadmaps drauf, es ist, ihr habt es schon angesprochen, auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung mit drin. Das ist ein Thema, das jetzt vielleicht auch einfach an Brisanz gewinnt, weil eben die alten Boote eben jetzt ins Recycling kommen müssen oder kommen werden. Ich bin dann auch schon sehr gespannt, wie sich das entwickelt, wohin das Material geht natürlich. Das ist wahrscheinlich noch eine ziemlich große Frage, aber auch, für alles gibt es eine Lösung. In jedem Falle, es gibt einen, wie ich verstanden habe, relativ, ja, vielleicht ganz normalen Entwicklungsprozess, der dann national und international eben ablaufen wird. Ich habe euch ja erlebt auf der Boot Anfang des Jahres und was mich da auch sehr beeindruckt hat war, dass die Messe selbst dieses Blue-Innovation-Dock-Format eingeführt hat. Da ging es eben nicht einfach nur um das Boot selbst, es geht nicht einfach nur darum, ein neues Boot zu kaufen oder, oder, oder, zu haben, sondern es geht eben um Innovationen im Wassersportbereich, um Innovationen auch in diesem Bereich, über den wir heute gesprochen haben. Das finde ich wirklich außergewöhnlich, was da passiert ist. Ich bin froh, dass sich da euch erlebt habe und vor allem auch dann das Bild dazu bekommen habe, wie die internationalen Spieler oder zumindest Spieler auf EU-Ebene da unterwegs sind. Also ich hatte da den Eindruck gewonnen, dass das tatsächlich auch ernst genommen wird, unser Thema, über das wir gesprochen haben. Und da freue ich mich auch drauf, weil, man kann halt nicht einfach so auf dem Wasser sein, Freude am Wassersport haben, wenn man dann weiß, dass im Grunde am Ende Sondermüll zum Beispiel entsteht oder kein Recycling da ist. Gibt es noch irgendetwas, wo ihr jetzt euch drauf freut? Ihr habt jetzt einen großen Einblick bekommen in die Thematik und wo ihr sagt, Mensch, das und das ist so etwas, wo wir denken, dass das sich jetzt bald entwickelt oder wir auch dran arbeiten vielleicht, dass das weitergeht?

Franziska Link: Ja, da kommt ganz viel auf uns zu, glaube ich. Ich glaube, der digitale Produktpass wird ganz spannend für alle von uns. Also es gibt schon so ein paar kleinere Apps, sage ich mal, die jeder Mal Zuhause ausprobieren kann. Zum Beispiel kann man bei Kosmetika mit einer App vom Umweltbundesamt oder vom Ministerium für Umwelt, glaube ich, ist die entwickelt. Scan4Chem heißt die zum Beispiel, da kann man dann den Codes scannen und sieht dann, was für Mikropartikel, Mikroplastik in Kosmetika tatsächlich mit drin ist. Und so kann man quasi selber als KonsumentIn heutzutage schon den digitalen Produktpass erkennen. Da sind in der Ökodesign-Richtlinie der EU schon Themen drin wie Textilien, Batterien, Plastik. Ich glaube, da werden wir noch viel drüber lernen oder davon lernen. Und wenn das dann tatsächlich auch für Boote oder größere Produkte umgesetzt werden sollte, dann wird es nur umso spannender.

Felicitas Frick: Ja und ich freue mich, dass immer mehr Herstellerinnen oder auch Hersteller und Recycler miteinander in Kontakt treten, also das man wirklich auch versucht, von den AkteurInnen her wieder einen Kreislauf hinzubekommen. Weil, ich hatte das Gefühl, es war viele Jahre doch sehr isoliert so, was hergestellt wird und was dann entsorgt wird. Und das doch immer mehr man einfach merkt durch diese ganze Thema Circular Economy, Kreislaufwirtschaft, das viele Menschen versuchen, so ein bisschen ganzheitlicher zu denken und das eben auch herstellende Gewerbe sieht, sie müssen da auch gucken, ja, was sie produziert haben, wenn das am Ende Abfall wird, was dann damit passiert. Und gerade das Thema GFK wird, glaube ich, schon auch sehr gepuscht durch die Windenergieanlagen. Da haben wir jetzt nur ganz am Anfang kurz drüber gesprochen, aber das da natürlich auch Mengen anfallen werden für ein Recycling, das es sich später lohnt. Und ich glaube, das wird schon so ein Push-Faktor auch dann für andere Produkte, wie jetzt zum Beispiel die Boote.

Klaus Reichert: Vielen Dank, dass ihr heute mit dabei ward. Ich fand das jetzt hoch spannend, wir hatten einen etwas nerdiges Thema und vielen Dank, dass ihr dran arbeitet.

Franziska Link: Ja, vielen Dank für das Gespräch.

Felicitas Frick: Vielen Dank für die Einladung.

Klaus Reichert: Das war der Smart Innovation Podcast. Er wurde mit einem interessierten Publikum live aufgenommen. Vielen Dank fürs Dabeisein und Zuhören. Diese Episode gibt es auch zum Lesen, der direkte Link ist in den Shownotes. Noch kein Abonnent? Die Show ist überall zu finden, wo es Podcasts gibt. Weitere Informationen und meine Kontaktdaten sind bei klausreichert.de/podcast, dort gibt es auch eine Übersicht der nächsten Liveaufnahme-Termine. Ich bin Klaus Reichert und das war der Smart Innovation Podcast. 

Über

Dr. Klaus Reichert

Hallo, Klaus Reichert hier. Ich bin unabhängiger Berater und kreativer Business Coach mit Herzblut für Innovation und begleite Unternehmen mit viel Erfahrung und Kreativität beim Innovationsmanagement und Innovationsstrategie auf dem Weg von der Vision zu enkeltauglichen Leistungen. Mein Standort ist Baden-Württemberg, zwischen Karlsruhe und Bodensee.

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