Neulich meinte ein (junger) Geschäftspartner, dass wir Pioniere wären, da wir in 2020 ein elektrisches Auto fahren. Ich musste kurz lachen, da ich bereits als Kind in den 70er aus meinem Lieblingsbuch vom elektrischen „Lohner-Porsche“ 1899 und später in den 90er vom elektrischen „Hotzenblitz“ wusste. Und in dem Moment fiel mir das Problem der Pionier Innovatoren auf.
Definition Pioniere
„jemand, der auf einem bestimmten Gebiet bahnbrechend ist; Wegbereiter“
„Unter einem Pionier (…) versteht man im Bereich Forschung einen Menschen, der auf einem bestimmten Gebiet eine Vorreiterrolle einnimmt, also etwas Bahnbrechendes geleistet und damit weiteren wissenschaftlichen Arbeiten und Erkenntnissen den Weg geebnet hat.“ (Quelle)
Beispiele Elektroauto Pioniere
- Lohner Porsche
- Baker Electric
- Hotzenblitz aus dem Schwarzwald
Technisch hat vor allem bei den ersten Modellen das Netzwerk gefehlt. Überhaupt war es schwierig, an Strom in dieser Zeit zu kommen, er kam 1900 noch nicht einfach aus der Steckdose. Allerdings war ein Netzwerk zur Verbreitung von „flüssiger Energie“ (Benzin) auch noch nicht verbreitet.
Beispiele Smartphone Pioniere
- IBM Simon
- Apple Newton
- Palm Treo (mein erstes Smartphone)
Technisch fehlte ein günstiges und leistungsfähiges mobiles Netzwerk, sowie ein Geschäftsmodell, mit dem automatisch alle zwei Jahre ein neues Gerät „finanziert“ wird – die Mobilfunkverträge mit Handy, weltweit bei allen Telefongesellschaften als Standard etabliert, sind die Basis des wirtschaftlichen Erfolges von Firmen wie Apple.
Beispiel Telefon Pionier
- Philipp Reis ab 1858
Technisch fehlte das Netzwerk, der „andere Gesprächspartner“.
Auswahl weiterer Punkte
Bei allen Beispielen zeigt sich auch, dass es mehr braucht, als nur technische Vorraussetzungen, damit sich die Arbeiten von Pionieren durchsetzen können. Hier eine Auswahl:
- Timing ist alles
- Die Rahmenbedingungen müssen stimmen
- Der Markt muss bereit sein und einen Bedarf (er)kennen bzw. ausdrücken
Das Problem der Pioniere
Der „Firstmover Advantage“ nutzt selten dem eigentlichen Pionier, sondern dem, der zur rechten Zeit am rechten Ort ist. Für die Pioniere birgt es fast ausschliesslich hohe Chancen und hohe Risiken. Das Problem der Pioniere ist, dass sie mit ihrer Arbeit einen Weg bereiten, sie häufig ihrer Zeit voraus sind und dann zu spät erkannt werden bzw. in Vergessenheit geraten. Wenn dann die Zeit (gesellschaftlich, technisch) gekommen ist, ernten diejenigen den Erfolg, die bereits auf den „Schultern dieser Giganten“ (Newton) stehen und von der Vorarbeit profitieren. Die Pioniere haben den Weg bereitet mit ihren Beobachtungen, ihrem Verbesserungswillen, ihren Ideen, Experimenten und Mut. Und bezahlen dies häufig mit ihrem Vermögen und werden zudem häufig gesellschaftlich isoliert. Die Mehrheit ist noch nicht bereit für ihre Leistungen. Und hat Angst vor dem Verlust, auch der Reputation. Das bringt dann auch viele Menschen dazu, den sicheren Weg zu wählen, um mit „Bewährten“ weiter zu machen, auch wenn sich dessen Nachteile schon lange abzeichnen.
„Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe.“
Isaac Newton
Belohnung des Mutes
Wir brauchen mehr Belohnungen für mutige Menschen. Und ein längeres Gedächtnis für die Giganten, auf deren Schultern die aktuellen „Pioniere“ stehen. Denn häufig reicht schon die gesellschaftliche Anerkennung der Leistungen. Klar muss auch sein, dass große Neuerungen zwar häufig von einzelnen inspiriert werden, in der Folge dann aber immer auf Basis der Arbeit von vielen Frauen und Männern und nie von einzelnen erzielt werden. Nicht auszudenken, welcher Innovationsschub durch die Welt gehen könnte, wenn wir nicht so fixiert auf einzelnen „Helden“ wären und dabei die eigentlichen vielen Menschen hinter dem Erfolg komplett ausblenden.
In meinem Buch „7+1 Innovation – von Wonderbread, BMW i & Apple Newton lernen“ gehe ich auf weitere Faktoren ein.