In Episode 124 des Smart Innovation Podcast spreche ich mit Carl Niehues über ein innovatives und nachhaltiges Geschäftsmodell in der Lebensmittelproduktion: Indoor-Salzwasser-Fischzucht in Genossenschaftsform. Carl ist Unternehmer im Agrarbereich im Münsterland und hat gemeinsam mit Partnern „Die Geflossenschaft“ gegründet – eine Genossenschaft für Indoor-Fischfarmer, die nachhaltigen, regionalen Fisch direkt an Verbraucher und Gastronomie vertreibt.
Inhaltsverzeichnis
- Podcast anhören
- Die Zukunft der Fischzucht ist dezentral und nachhaltig
- Vom landwirtschaftlichen Familienbetrieb zur innovativen Fischproduktion
- Indoor-Salzwasser-Aquakultur: Ein neues Geschäftsmodell für Landwirte
- Die Gründung der Geflossenschaft: Gemeinsam mehr erreichen
- Erkenntnisse auf dem Weg zur „Geflossenschaft“
- Die nächsten Schritte: Wie geht es weiter mit der Geflossenschaft?
- Fazit: Ein Modell mit Zukunft
- Die Fischzucht im Video
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Die Zukunft der Fischzucht ist dezentral und nachhaltig
Fisch ist ein gesundes und begehrtes Lebensmittel, doch die herkömmliche Fischproduktion steht vor großen Herausforderungen: Überfischung, lange Transportwege und eine oft fragwürdige Ökobilanz. Doch was wäre, wenn wir Fisch genau dort produzieren, wo er gegessen wird – frisch, nachhaltig und in direktem Kontakt mit den Konsumenten? Genau das ist das Konzept von Die Geflossenschaft, einer Genossenschaft für Indoor-Salzwasser-Fischfarmen, gegründet von Landwirt Carl Niehues und seinem Team.
Im Smart Innovation Podcast habe ich mit Carl über seine Reise gesprochen – von der klassischen Landwirtschaft über Biogasproduktion bis hin zur innovativen Fischzucht. Wir haben über seine Erkenntnisse, Herausforderungen und seine Vision für eine neue, dezentrale Lebensmittelproduktion gesprochen.
Vom landwirtschaftlichen Familienbetrieb zur innovativen Fischproduktion
Carl stammt aus einer landwirtschaftlichen Familie im Münsterland. Doch statt den Betrieb einfach weiterzuführen, suchte er stets nach Wegen, innovative, nachhaltige Geschäftsmodelle in seine Arbeit zu integrieren. Bereits während seines Studiums an der Fachhochschule Osnabrück beschäftigte er sich intensiv mit erneuerbaren Energien und baute gemeinsam mit seinem Vater eine Biogasanlage – ein Schritt, der ihn lehrte, über den Tellerrand hinauszudenken.
Aber Carl wollte weitergehen. Die klassische Landwirtschaft stand unter Druck: steigende Kosten, strengere Umweltauflagen und die Abhängigkeit von schwankenden Märkten machten die Suche nach neuen Einkommensquellen notwendig. Während eines Projekts bei der Agravis erkannte er den wachsenden Trend zur regionalen Direktvermarktung – und genau hier entstand die Idee für seine nächste unternehmerische Innovation: Indoor-Fischzucht mit Salzwasserfischen in den Seawater Cubes.
Indoor-Salzwasser-Aquakultur: Ein neues Geschäftsmodell für Landwirte
Während viele klassische Fischzuchten auf Süßwasserarten setzen, entschied sich Carl und seine Familie bewusst für eine Salzwasser-Aquakultur. Der Grund: Fisch wie Wolfsbarsch oder Dorade wird in Deutschland fast ausschließlich importiert, mit langen Transportwegen und fragwürdigen Produktionsbedingungen. Die Idee war, eine nachhaltige Alternative zu schaffen: frischer Fisch, produziert in der Region, mit kurzen Transportwegen und hoher Transparenz.
Die Technik dahinter stammt von einem Unternehmen aus Saarbrücken, das modulare Fischzuchtanlagen entwickelt. Diese sogenannten Seawater Cubes ermöglichen es, auf nur 150 Quadratmetern eine vollständige Fischproduktion zu betreiben – perfekt für Landwirte, die ihr Geschäftsmodell erweitern möchten. Doch ein innovatives Produkt allein reicht nicht – der Vertrieb muss ebenso gut funktionieren.
Die Gründung der Geflossenschaft: Gemeinsam mehr erreichen
Ein Schlüssel zum Erfolg lag für Carl in der Genossenschaftsform. Durch den Zusammenschluss mehrerer Produzenten lassen sich Strukturen effizient aufbauen, der Vertrieb gemeinschaftlich organisieren und größere Marktzugänge erschließen.
Ein entscheidender Moment war die Begegnung mit Johannes, einem erfahrenen Fischhändler, der lange im Großhandel tätig war. Zunächst skeptisch gegenüber der Idee einer dezentralen, landbasierten Fischzucht, wurde er durch die Qualität und Transparenz des Projekts überzeugt – so sehr, dass er seinen bisherigen Job aufgab und sich der Geflossenschaft anschloss. Gemeinsam gründeten sie die Genossenschaft, um Landwirten eine nachhaltige und wirtschaftlich sinnvolle Alternative zur klassischen Landwirtschaft zu bieten.
Erkenntnisse auf dem Weg zur „Geflossenschaft“
Carl ist ein Unternehmer, der ständig lernt und sein Wissen weiterentwickelt. Hier sind einige seiner wichtigsten Erkenntnisse aus den letzten Jahren:
Innovationen entstehen an den Schnittstellen von Branchen
Die spannendsten Geschäftsmodelle entstehen oft dort, wo sich verschiedene Disziplinen überschneiden. Landwirtschaft, erneuerbare Energien und Fischzucht scheinen auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen – doch genau diese Kombination macht das Konzept der Geflossenschaft so erfolgreich. Die Verbindung von technischen Innovationen mit traditionellen landwirtschaftlichen Strukturen ist ein echter Gamechanger.
Direkter Kundenkontakt schafft Vertrauen
Ein großer Vorteil der dezentralen Fischproduktion ist die Nähe zum Kunden. Durch Direktvermarktung an Hofläden, Gastronomie und Endverbraucher entsteht ein Vertrauen, das mit importiertem Fisch kaum erreicht werden kann. Die Menschen sehen, wo ihr Essen herkommt – das schafft Wertschätzung für Qualität und Nachhaltigkeit.
Genossenschaften bieten wirtschaftliche Resilienz
Die Wahl der Genossenschaft als Unternehmensform war kein Zufall. In einer Welt, in der Märkte immer volatiler werden, ermöglicht eine gemeinschaftliche Organisation mehr Stabilität. Landwirte profitieren vom Wissenstransfer innerhalb der Genossenschaft, gemeinsame Einkaufsstrukturen senken Kosten und der Vertrieb wird professionell organisiert.
Nachhaltigkeit ist ein Wirtschaftsfaktor
Viele Verbraucher achten mittlerweile bewusst auf nachhaltige Produkte – und sind bereit, dafür einen fairen Preis zu zahlen. Die Geflossenschaft setzt konsequent auf regionale Wertschöpfung, hohe Tierwohlstandards und kurze Transportwege. Das macht die Produktion zwar etwas teurer, doch der Mehrwert ist klar erkennbar: weniger Umweltbelastung, mehr Transparenz und eine bessere Qualität.
„Einfach machen“ ist oft der beste Rat
Viele Unternehmer zögern, neue Wege zu gehen, weil sie Risiken fürchten. Doch Carl hat gelernt, dass es oft besser ist, Dinge einfach auszuprobieren, statt sich von Zweifeln bremsen zu lassen. Sein Motto: „Alle haben gesagt, es geht nicht – dann kam einer, der wusste es nicht, und hat es einfach gemacht.“
Die nächsten Schritte: Wie geht es weiter mit der Geflossenschaft?
Die ersten Monate der Geflossenschaft waren ein voller Erfolg. Ein Hoffest mit über 1.000 Besuchern zeigte, wie groß das Interesse an regionalem Fisch ist. Nun geht es darum, die Strukturen weiter auszubauen, neue Landwirte für das Modell zu begeistern und das Konzept deutschlandweit bekannt zu machen. Kommende Meilensteine sind:
- Weitere Hoffeste und Infoveranstaltungen, um potenzielle Partner zu gewinnen
- Aufbau eines zentralen Online-Shops für den Vertrieb
- Zusammenarbeit mit Gastronomen und Hofläden, um den regionalen Vertrieb zu stärken
- Optimierung der Prozesse, um die Fischzucht für weitere Landwirte noch einfacher zu machen
Fazit: Ein Modell mit Zukunft
Die Geflossenschaft zeigt eindrucksvoll, wie traditionelle Landwirtschaft und innovative Technologien Hand in Hand gehen können, um nachhaltige Lösungen für die Zukunft zu schaffen. Die Kombination aus regionaler Produktion, direktem Kundenkontakt und gemeinschaftlichem Unternehmertum macht das Modell zu einer echten Alternative zur konventionellen Fischwirtschaft.
Für Landwirte, die nach neuen Einkommensquellen suchen, und für Verbraucher, die nachhaltige Lebensmittel schätzen, ist dieses Modell ein spannender Ansatz. Die Geflossenschaft beweist: Innovation beginnt dort, wo Menschen bereit sind, neue Wege zu gehen.