Ich finde einen Wechsel beim jährlichen Erscheinungsrhythmus neuer iPhones und anderer Smartphones angebracht. Software kann die entstandenen Innovationslücken schliessen. Und die Kreislaufwirtschaft kann davon profitieren.
Der Erfolg von Apple und anderer Smartphone Firmen wird getrieben von einem überholten Geschäftsmodell. Zu Beginn des Mobilfunk hatten die Telekommunikationsanbieter ein großes Problem: es gab die Vision des mobilen Telefonierens. Es wurde ein Netz aufgebaut. Es wurde Bedarf entdeckt und ausgebaut. Doch die potentiellen Kunden hatten keine Mobiltelefone. Die Geräte waren technologisch am Anfang und teuer, ein dem Netzinvest entsprechendes Wachstum wäre nicht möglich gewesen, bzw. sehr flach verlaufen. Also kam man auf die Idee, Mobiltelefone für die Kunden vorzufinanzieren. Die Nutzer konnten die Geräte durch kleinere monatliche Zahlungen über einen Zeitraum von meist 24 Monaten abbezahlen. Zum Schutz vor Missbrauch gab es dazu dann auch noch „SIM Lock“, mit dem verhindert wurde, dass dieses Gerät innerhalb der Vertragslaufzeit in einem anderen Netz verwendet werden konnte. Die kontinuierliche Produktion neuer Geräte war gesichert und der Erfolg von Apple, Samsung etc. getragen vom iPhone etc. wurde quasi auf Autopilot gesetzt.
Damit war das Prinzip etabliert, dass wir alle zwei Jahre ein neues Handy „bekamen“. Und irgendwie lief die Sache aus dem Ruder.
Und viele Menschen nutzen diese Möglichkeit seither. Alle zwei Jahre ein neues Smartphone, hat dazu geführt, dass wir mittlerweile sehr viele Geräte in der Welt haben. Dass es ausreichend gebrauchte Geräte für die zweite große Gruppe der Mobiltelefonnutzer gab: die mit dem Prepaid Tarif. Und dass viele der hochwertigen Geräte über Jahrzehnte in unzähligen Schubladen landen, statt in den Kreislauf zurück geschickt werden. Zum Glück ist in den letzten Jahren der Gebrauchtmarkt professionalisiert worden und es gibt die Möglichkeit, gebrauchte „refurbished“ Smartphones zu erwerben.
Das Prinzip der Verlängerung alle zwei Jahre in Verbindung mit einem neuen Smartphone hat sich gehalten und sorgt für regelmäßige, planbare Umsätze. Bei den Netzbetreibern, den Verkäufern (wer denkt nicht an die vielen Handyläden in der Fussgängerzone/Einkaufspassagen?) und bei den Hardwareanbietern wie Apple und Samsung. In der Konsequenz bedeutet es, dass die Welt geflutet ist von Elektronikartikeln voller hochwertiger Rohstoffe.
Für mich hört sich das nicht nach ökologischer Nachhaltigkeit an und ich finde, es muss aufhören, dass jährlich neue Smartphones erscheinen bzw. wir alle zwei Jahre neue Geräte „automatisch“ bekommen. Der Markt hat sich zwar schon gewandelt, das Argument des „1 EUR Smartphones bei Vertragsverlängerung“ hat aber immer noch einen starken Klang.
Es gibt Alternativen: Software Innovation ersetzt inkrementelle Hardwareupdates für mehr Nachhaltigkeit bei Smartphones
Das ist eine große Chance für die längere Lebenszeit der Geräte. Und damit auch für den Wandel des Geschäftsmodells vieler Firmen. Ein gutes Smartphone ist eine Technologieplattform, die softwaredefiniert ist. Die Weiterentwicklung der genutzten Software schliesst die ökonomische und technologische Lücke durch kontinuierliche Innovation auf der Serviceseite mit entsprechenden und bekannten Bezahlmodellen. Herausforderungen sind hier Themen wie kostenpflichtige Betriebssystem Updates, viele Betriebssystemvarianten am Markt, gestiegene Sicherheitslücken durch Updateverweigerer, der ökologische Fußabdruck der Software etc. Schon die kurze Liste zeigt, wie sehr das eine Abkehr vom bisher üblichen wäre.
Das oben Beschriebene lässt sich natürlich auch auf das jährliche Neuerscheinen von aktualisierten Modellen anderer Geräte erweitern: zB PC, Fernseher, Autos. Das ständige Neukaufen wegen kleinerer Updates, wie es so lange in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrieben wurde und immer noch gemacht wird, ist meines Erachtens nicht mehr zeitgemäß. Bin ich hier der Rufer in der Wüste? Es gibt auch andere, die das Thema adressiert haben. Doch die Welt funktioniert noch anders. Sehr deutlich wird das, wenn man daran denkt, dass sich zB in den USA Autokäufer über das Modelljahr definieren: „ich fahre einen 2023 …“.
Lässt sich das noch radikaler sehen? Klar. Ein Beispiel: wir mieten die Geräte nur noch. Sie verbleiben in dem Besitz des Anbieters, der sich um eine effektive Nutzung über den Lebenszyklus und die Wiederverwertung am Nutzungsende kümmert. Weil es zu seinem Geschäftsmodell gehört, zB auch die eingesetzten Rohstoffe wieder zu veräußern.