Maria Anne Schmidt
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Maria Anne Schmidt über gemeinsame Klimaschutz Innovationen von Unternehmen und Hochschulen

In dieser des Smart Innovation ist Maria Anne Schmidt von der für Technik und Wirtschaft HTW meine Gesprächspartnerin. Wir unterhalten uns über gemeinsame Klimaschutz Innovationen von Unternehmen und Hochschulen. Denn Innovationen entstehen häufig durch Kooperationen über Fach- und Branchengrenzen hinaus. Im Gespräch gehen wir darauf ein, wie eine Zusammenarbeit zwischen innovativen Unternehmen und engagierten Hochschulen aussehen kann. Es geht um Möglichkeiten, Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu lehren und gemeinsam an diesen Zukunftsthemen zu forschen.

Maria Anne Schmidt

Über

Maria Anne Schmidt arbeitet als Referentin der Vizepräsidentin für und Transfer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin und ist dort unter anderem zuständig für neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Zudem beschäftigt sie sich mit innovativen Transfer- und Kommunikationsformaten und dem sozialen und ökologischen Engagement der Hochschule. Schmidt hat Journalistik, Medienmanagement und Wirtschaftskommunikation studiert und nationale und internationale Hochschulprojekte koordiniert. Sie ist Brain City Botschafterin und Expertin bei Futurewoman, einem Netzwerk, das Frauen in der Nachhaltigkeitsbranche mehr Sichtbarkeit verleihen möchte.

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Transkript

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Klaus Reichert: Barbara Schmuker fragt nach der Nachfrage aus der Wirtschaft zu Nachhaltigkeitsthemen, nimmt das zu? 

Maria Anne Schmidt: Aus meiner Sicht: Ja. Ich denke, das hängt natürlich auch immer sehr von der Hochschule ab und welche Themenbereiche man sowieso bedient. Wir haben den Forschungsschwerpunkt im Bereich regenerative Energien, Energieeffizienz, um nur ein Beispiel zu nennen. Das heißt, wir sind sowieso sehr nah an Themen rund um Nachhaltigkeit und Klimaschutz von unserer hochschulischen Ausrichtung dran. Was ich total spannend finde, ist, dass wirklich mehr Kommunen und sonstige Einrichtungen, also gar nicht jetzt so tatsächlich Unternehmen, auf uns zukommen, sondern dass auch die sich trauen an Hochschulen heranzugehen, um gemeinsame Nachhaltigkeitslösungen zu finden. Wir haben zum Beispiel ein Projekt mit dem Bezirk Treptow-Köpenick, in dem unser Hochschulcampus steht, wo es darum geht, die Sustainable Development Goals zu monitoren, was auch ein Open Science Projekt ist, also ein Open Data Projekt mit der Stadt Berlin. Und da sehe ich tatsächlich nach und nach mehr Anfragen. Ansonsten haben wir sowieso relativ viele Anfragen aufgrund unserer hochschulischen Ausrichtung.

Willkommen beim Smart Innovation Podcast! Mein Name ist Klaus Reichert. Ich bin Unternehmensberater und Businesscoach für Innovationen. Von Baden-Württemberg aus begleite ich zukunftsorientierte Unternehmer und Unternehmerinnen sowie ihre Teams remote. Im Smart Innovation Podcast spreche ich mit engagierten und kreativen Menschen über Innovationen, über Innovationsmanagement, Unternehmertum und Verantwortung, gerade im Kontext des Klimawandels. Es geht um innovative, agile Organisationen mit Vision, Dynamik und Energie, sowie den passenden Vorgehensweisen Neues auch enkeltauglich zu entwerfen. Ebenso geht es um wechselnde aktuelle Themen wie neue Geschäftsmodelle, nachhaltige Produkte und digitale Dienstleistungen. Bei den Live-Aufnahmen haben die Teilnehmenden Gelegenheit sich einzubringen, Fragen zu stellen und mitzureden. Neue Episoden erscheinen dann zum Wochenende. Die aktuellen Termine und alle bisherigen Folgen sind auf klausreichert.de/podcast. In jeder Folge gibt es ein kurzzeitig verfügbares Angebot. So wird Innovation für die Teilnehmenden lebendig und gleich umsetzbar. Der direkte Link zur Episode ist in den Shownotes. Dort gibt es auch weiterführende Informationen, Videos und ein Transkript. 

Klaus Reichert: Hallo und herzlich willkommen zum Smart Innovation Podcast. Wir sprechen heute über gemeinsame Klimaschutzinnovationen von Unternehmen und Hochschulen, das Dreamteam Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Und meine Gesprächspartnerin ist Maria Anne Schmidt von der Hochschule für Technik und Wirtschaft. Maria Anne Schmidt ist Referentin der Vizepräsidentin für Forschung und Transfer an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin. Und sie ist dort unter anderem zuständig für neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Zudem beschäftigt sie sich mit innovativen Transfer- und Kommunikationsformaten und dem sozialen und ökologischen Engagement der Hochschule. Maria hat Journalistik studiert, Medienmanagement und Wirtschaftskommunikation. Sie ist Brain City Botschafterin und Expertin bei Future Women, einem Netzwerk für Frauen in der Nachhaltigkeitsbranche. Willkommen Maria! 

Maria Anne Schmidt: Herzlichen Dank! Schön, dass ich da sein darf, Klaus. 

Klaus Reichert: Maria, du hast da ja ein ganz großes Themenfeld, das passt vollständig zusammen. Aber es hört sich ziemlich beeindruckend an und auch ziemlich anstrengend. 

Maria Anne Schmidt: Das Schöne an dem Themenfeld ist tatsächlich, dass es sehr abwechslungsreich ist. Insbesondere zusammen mit meiner Chefin sind wir immer wieder dabei, wirklich neue Formen uns zu überlegen: Wie können wir auf Unternehmen zugehen? Wie können wir neue Vorhaben der Kooperationen auch mit Bürgerinnen und Bürgern etablieren? Und das probieren wir einfach aus. Also das heißt, wir haben ein Umfeld, in dem wir einfach neue Formate testen, natürlich auch mit Hochschulangehörigen, mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Und das ist abwechslungsreich, anstrengend und aber absolut das Richtige für mich. 

Klaus Reichert: Ja, hört sich gut an. Du hast es schon angesprochen, heute ist unser Thema: gemeinsame Klimaschutzinnovationen von Unternehmen und Hochschulen. Wir gehen sicher auch etwas näher auf eure Beispiele ein. Und dabei schauen wir ja auch darauf, dass Innovationen eben durch Kooperationen entstehen können, die gerade Fach- und Branchengrenzen eben überschreiten, wenn man als Unternehmen mit seiner eigenen Sichtweise auf jemand anderen trifft, zum Beispiel den Kunden oder die Kundin, aber vielleicht eben auch auf Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Wissenschaftler, dann kommen doch interessante Sachen raus. Und wir haben da dann plötzlich ganz neue Möglichkeiten zu unseren Ergebnissen zu kommen. Und darauf wollen wir heute ein bisschen eingehen. Ich bin da auch schon sehr gespannt, was ihr da macht. Denn der Klimawandel, mit dem wir uns beschäftigen müssen, erfordert ja auch von euch als Hochschule ein Umdenken, ein interdisziplinäres Vorgehen auch in der Hochschule selbst, um eure Angebote tatsächlich dann erbringen zu können für die Studierenden. Ihr müsst da ja eine große Bandbreite bedienen. Ein erster Start ist, wie ich dann gesehen habe, ihr unterrichtet draußen, ihr seid direkt an der Spree. Und ja, ich weiß, dass es nicht direkt hierhergehört, aber ich finde, das macht furchtbar Laune, ihr seid an der Spree auf einer Insel und von dort aus kann man direkt am Wasser unterrichten. Wie kommt das an bei den Studierenden?

Maria Anne Schmidt: Ich glaube tatsächlich, das gilt für uns, aber das gilt auch für andere Hochschulen, insbesondere jetzt in der Corona-Pandemie auch natürlich für Unternehmen oder für jede Einrichtung und Organisation, es mussten ja neue Wege gefunden werden. Es musste sich komplett innoviert werden. Das war natürlich auch für die Hochschule der Fall. Also Lehre fand gerade am Anfang ausschließlich digital statt. Das war ein extremster Schub für die digitale Lehre. Also das heißt, wenn wir über Chancen sprechen mit allen natürlich auch Nachteilen, die wir hatten, soziale Isolation von Studierenden und so weiter. Aber es hat uns vor allem auch wirklich weitergebracht in der Lehre. Und es wurde viel ausprobiert. Ein Weg, den wir in diesem Sommersemester gegangen sind, zu sagen: Momentan können wir noch nicht wieder in großen Gruppen zurück an den Campus, aber wir können etwas testen, und zwar Draußen-Lehre. Und mittlerweile konnten die Studierenden ab und an auf den Sonnenstühlen an der Spree sitzen und etwas zum Beispiel über Klimaschutzthemen, aber auch über die vielen anderen Sachen lernen, die bei uns an der Hochschule angeboten werden. Vielleicht auf den Punkt noch mal eingehend, interdisziplinäre Ansätze, zwei, drei Sätze vielleicht zur Hochschule, die das ein bisschen erklären und die vielleicht auch die Besonderheit unserer Hochschule sind. Mit 14.000 Studierenden und 70 Studiengängen sind wir die größte Hochschule für angewandte Wissenschaften in Ostdeutschland. Und ich glaube, eine Besonderheit dieser Hochschule ist tatsächlich, dass wir sehr interdisziplinär aufgrund dieser Bandbreite von Studiengängen, die wir haben, auch anbieten können. Also das heißt, die Ansätze sind aus einer Design-Perspektive möglich, die sind aus der Informatik zu betrachten, aber natürlich auch klassische ingenieurwissenschaftliche Fächer. Ich glaube, diese Vielfalt macht es aus. Und wir sehen, dass immer mehr Professor*innen, Wissenschaftler*innen, Forscher Lust haben, auch tatsächlich interdisziplinär an bestimmten Fragestellungen für die Zukunft zu arbeiten. Und das gefällt mir an dieser Hochschule auch. Das ist vielleicht eine Besonderheit, wenn man auch kooperiert mit Unternehmen, dass man verschiedenste Perspektiven, auch Fragestellungen, die unter anderem den Klimaschutz betreffen können, auch eingehen kann. 

Klaus Reichert: Natürlich sprechen wir nicht nur von Innovationen für Klimaschutz, aber wir haben einen zunehmenden Bedarf, in diesem Bereich zu arbeiten und eben weiter zu kommen oder den Klimaschutz als Rahmen zu haben für diese Vorgehensweisen, Forschungsaktivitäten. Deswegen wollen wir natürlich das Thema schon etwas erweitern, aber es wird ein bisschen leichter, wenn wir sagen: Der Fokus ist im Moment mal Klimaschutz. Ihr habt da ja eine große Bandbreite an Maßnahmen, an Möglichkeiten, an Dingen, die ihr auch besonders macht. Ihr habt besondere Gebäude auch, auf die wir gerne noch ein bisschen eingehen können. Du hast gerade schon dieses interdisziplinäre Vorgehen in dieser großen Hochschule angesprochen. Ich finde auch diese Mischung eben aus Technik und Wirtschaft sehr spannend, weil genau das ist das, was notwendig ist auch als Wissen von beidem etwas, hm, zu wissen. Das war jetzt ein bisschen blöd formuliert. Da bin ich sehr beeindruckt von eurem Angebot. Was gibt’s denn noch, etwas Besonderes, was eure Hochschule ausmacht in diesem Umfeld?

Maria Anne Schmidt: Ich weiß gar nicht, ob es eine Besonderheit ist unserer Hochschule. Ich würde da wirklich allgemeiner sprechen wollen für alle Hochschulen. Und gerade jetzt mal aus der Unternehmensperspektive zu schauen, was kann vielleicht eine Hochschule mir auch im Bereich Innovation bringen? Also auch im Bereich Klimaschutzinnovation, welche Möglichkeiten gibt es? Denn wir sehen nach wie vor, dass es eigentlich total interessant und spannend sein kann, gemeinsam als Unternehmen vielleicht mit einer Hochschule oder auch einer außeruniversitären Forschungseinrichtung zusammenzuarbeiten an Klimaschutzthemen oder auch an anderen Themen. Aber es gibt nach wie vor diese Barrieren. Wie geht man auf eine Hochschule zu? Welche Möglichkeiten gibt es? Und ich glaube, da würde ich so ein bisschen Licht ins Dunkel bringen wollen, welche Formen der Kooperation überhaupt möglich sind. Das trifft nicht nur auf die HTW Berlin zu, das trifft auch auf andere Hochschulen zu. Von daher vielleicht zwei, drei Beispiele, die ich nennen will mit Bezug aber zum Thema Klimaschutz, auch wenn es das in anderen Bereichen gibt. Man kann natürlich als Organisation, als Unternehmen, als Verein auf eine Hochschule zugehen und ein gemeinsames großes Forschungsprojekt starten. Das sind aber immer dann, ich sage mal, Zeiträume von drei bis vier Jahren. Manchmal dauert ein Antragsprozess ungefähr auch ein Jahr. Da haben wir schon mal eine Hürde aus meiner Sicht. Das sind eben Prozesse, die sehr, sehr langwierig sind. Und wenn ich als Unternehmen innovieren möchte, dann ist es häufig so, dass ich vielleicht nach einer kurzfristigeren Lösung schaue. Aber auch da gibt es immer wieder Möglichkeiten. Ganz klassisches Forschungsprojekt, nenne ich gerne mal ein Beispiel, weil das auch so ein bisschen das trifft, was du ansprachst, ein besonderes Gebäude bei uns auf dem Campus in Schöneweide. Es gibt ein Forschungsprojekt der Professorin Rexroth zusammen mit Architekten und aber auch mit Unternehmen aus der Solarbranche. Das untersucht, warum zukünftig denn nicht nur Solarpanels auf Dächern stehen sollten, sondern auch in die Fassaden eingebaut werden sollten. Und dann denkt man, das ist ja eigentlich möglich, das ist absolut sinnvoll. Aber es gibt in Deutschland und auch in Österreich und der Schweiz so viele baurechtliche Vorschriften, die dem entgegenstehen. Und gleichzeitig schaut sie auf die Perspektive der Architekten und Architektinnen. Denn auch die müssen ja mit ihrer bisherigen Ästhetik vielleicht arbeiten und versuchen, ich sag mal, Solarpanel in die Planung einer Fassade mit einzubeziehen. Und das ist ein Projekt, was über vier Jahre bei uns läuft, mit mehreren Unternehmen zusammen funktioniert, aber sehr, sehr langfristig ist. Es gibt kürzere Projekte, einfachere, kleinere Projekte. In Berlin haben wir eine Besonderheit, das Institut für Angewandte Forschung, das ist für die Berliner Fachhochschulen gemeinsam vor allem mit Berliner Unternehmen und Vereinen, da kann man kleinere Projekte machen. Ein Beispiel will ich gerne nennen. Ein Professor, der vielleicht relativ bekannt ist, Prof. Quaschning, unter anderem Mitbegründer von Scientists For Future, der hat ein Projekt, wo untersucht wird, wie kann man eigentlich, wenn man einen Balkon hat, der ziemlich sonnig ist, sich einfach so ein Solarpanel auf den Balkon stellen, einfach in die Steckdose stecken und ohne große bürokratische Hürden den eigenen Strom erzeugen. Das sind Projekte, die, ich sage mal, kurzfristiger laufen. Und dann, wir hatten schon kurz über Studierende gesprochen, die draußen bei uns auf dem Campo sitzen, das ist natürlich ein unglaubliches Potential. Wir haben 14.000 Studierende an dieser Hochschule, die natürlich extrem viel Wissen haben, aber auch Ideen haben. Und ich glaube, es kann total interessant sein, dass man als Unternehmer, Unternehmerin oder auch als Gründer einfach Fragestellungen wirklich mal in eine Hochschule hineingibt und auch Studierende daran arbeiten lässt. Und: Wir haben auch zahlreiche Lehrbeauftragte aus der Praxis. Das heißt, vielleicht kann es auch einfach interessant sein, dass man selbst mal in die Lehre geht, das eigene Wissen aus der Praxis weitergibt. Davon leben wir als Hochschule für Angewandte Wissenschaften ja genauso. Und dann mit den Studierenden gemeinsame Lösungen für vielleicht Fragestellungen, die man im Unternehmen auch hat, lösen zu können. Ein Projekt, was so ein bisschen ähnlich ist wie in dem vorherigen Podcast, den du aufgezeichnet hast, am KIT ist bei uns die Innovationswerkstatt. Da geben Unternehmen aus der Region wirklich Fragestellungen rein und die Studierenden erarbeiten Lösungen, arbeiten mit Design-Thinking-Methoden und stehen auch im Wettbewerb um die besten Ideen wirklich für innovative Lösungen für Unternehmen. 

Klaus Reichert: Das hat sich ja an vielen Hochschulen bewährt, hat mehr oder weniger lange Laufzeiten und kommt da dann auch den Anforderungen aus der Wirtschaft sehr entgegen in vielen Fällen. Was ich verstehe, ist, ihr habt Anknüpfungspunkte geschaffen für langfristige Projekte, die Förderprogramme, Fördergelder, ich sag mal aus EU- oder Bundesmitteln dann bringen unter Umständen, eben auch wegen der Kooperation von Forschung und Wirtschaft. Ihr bietet mittelfristige Projekte an und es gibt eben auch die Möglichkeit, relativ kurzfristig und auch über einen kurzen Zeitraum mit der Hochschule zusammenzuarbeiten. Und da dann eigentlich auch vielleicht nicht die große technische Lösung zu bekommen, aber in jedem Fall den Blickwinkel, den anderen Blickwinkel auf Fragestellungen, die man so im Unternehmen sonst nicht hätte. 

Maria Anne Schmidt: Ich würde da noch mal auf den Punkt kommen des interdisziplinären Ansatzes, den wir ja auch bieten können, und gerne in dem Podcast jetzt noch mal ein Beispielprojekt berichten, was ich total gerne mag, was in Kolumbien stattgefunden hat. Weil da sieht man nämlich, dass es bei der Perspektive auf Nachhaltigkeit ja nicht nur die ökologische Sichtweise gibt, sondern auch soziale und ökonomische Perspektiven eine Rolle spielen. Ein Forschungsprojekt bei uns von der Frau Prof. Praetorius hat untersucht, welchen Einfluss die Ausstattung von Muschelfischerinnen mit Solarmotoren hat auf die gesamte Region. Das ist so eine kleine Mangroven-Region wirklich im Hinterland in Kolumbien und es sind verschiedene Aspekte dabei festgestellt worden. Weil als erstes könnte man sagen, das ist ja super, keine Dieselmotoren mehr, ist ökologisch absolut sinnvoll, ist auch leiser, für die Fischpopulationen dort total super. Gleichzeitig haben sie festgestellt, dass die Muschelfischerinnen, weil sie weniger Diesel kaufen müssen, auch tatsächlich weniger Muscheln am Tag fischen, weil sie weniger Ausgaben haben. Damit bringen sie aber auch zum Teil weniger Geld mit nach Hause und sind ja eben auch Personen, die sozusagen für das Einkommen sorgen. Das verändert auch so ein bisschen die Strukturen. Eine weitere total interessante Perspektive, die sich da ergeben hat im Laufe des Projektes, war, dass Muschelfischerinnen auf einmal unabhängiger wurden von den Verkaufspreisen an die Fischer und sich zu Genossenschaften zusammengetan haben und dadurch irgendwie Sozialstrukturen vor Ort auch verändert haben. Und es gibt aber auch die ökonomische Perspektive zu sagen: Was passiert denn mit den ganzen Diesel-Tankstellen vor Ort? Oder was passiert mit den Mechanikern und Mechanikerinnen, die vorher diese Dieselmotoren repariert haben? Auch da musste dann das Projekt eben Lösungen und Alternativen finden, damit das Wirtschaftssystem vor Ort erhalten wird. Und ich glaube, das sind so spannende Perspektiven auf das Thema Klimaschutz, weil es eben die Sichtweise erweitert, dass es nicht nur um ökologische Lösungen geht, sondern auch soziale und ökonomische Fragestellungen immer mitberücksichtigt werden müssen. Und genau solche Projekte, glaube ich, brauchen wir in Zukunft. Und da ist es natürlich total hilfreich, wenn man kooperiert und wir darüber geredet haben, Fachgrenzen zu überschreiten gemeinsam mit verschiedenen Unternehmen, mit Organisationen und natürlich mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an den Fragestellungen zu arbeiten. 

Klaus Reichert: Das finde ich ein tolles Beispiel. Ich musste gerade an ein ähnliches Projekt am Victoriasee denken. Da ging das dann viel, viel besser auf, weil die Fischer nachts unterwegs sind. Das heißt, die ganzen Motoren, die Akkus können tagsüber geladen werden, da scheint die Sonne, Solarenergie ist da, und nachts wird es dann aufgebraucht. Und da macht das dann auch total Sinn und da versteht das eigentlich jeder sofort, dass das quasi die Zukunft da sein kann. Ich fand das vor allem gut, in diesem Beispiel zu sehen diese Querverbindung von verschiedenen Disziplinen. Das heißt aber, ihr habt da auch die Möglichkeit gehabt, mit anderen zu sprechen, andere dazu zu nehmen. Es war vielleicht auch nicht sofort klar, welche Disziplinen denn tatsächlich betroffen sind. Wie geht ihr denn damit um, wenn ein Unternehmen kommt und zuerst mal einfach nur unabhängig von euerer Struktur eben sein Problem aufbringt, um dann Gesprächspartner zu finden, verschiedenste Gesprächspartner zu finden? Wer hilft denn da, die richtigen Menschen zu finden? 

Maria Anne Schmidt: Wir haben ja vorhin schon darüber kurz gesprochen, dass es immer noch Barrieren gibt, wirklich auf Hochschulen und Forschungseinrichtungen auch zuzugehen. Zum einen, weil man manchmal tatsächlich nicht weiß, welche Möglichkeiten habe ich denn? Sitzen dort die richtigen Ansprechpersonen? Gibt es da vielleicht jemanden, der sich damit auskennt? Ich würde da gerne zu ermutigen, einfach auf die Hochschulen zuzugehen im Sinne von, Fragen kostet nichts. Wir haben bei uns zum Beispiel den Spree-Hub etabliert. Also meine Kollegin Frau Lücking arbeitet dort und ist wirklich eine Ansprechpartnerin, wo man erstmal ein Fachgespräch führt. Das heißt, ein Unternehmen kann einfach anrufen, fragen: Ich habe folgende Ideen. Ich habe selbst vielleicht eine Innovation, die ich gerne besprechen würde. Ich suche dafür einen Partner aus dem Bereich der Informatik. Gibt es dort jemanden? Und dann schaut man natürlich: Haben wir die Expertise im Hause und brauchen wir weitere Partnerinnen und Partner? Das Schöne an solchen Sachen ist ja, meistens entstehen dann gemeinsam auch Ideen und dann kennt jeder jemanden und so weiter. Und dieses Netzwerk auch zu nutzen aus den Hochschulen heraus. Weil gerade die Professorinnen und Professoren ja auch eigene Netzwerke aus vorherigen Forschungsprojekten mit einbringen können, um dann gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Ich finde, das ist ja genau das Spannende, dass es nicht absehbar ist am Anfang: Wie entwickelt sich ein Forschungsprojekt? Was sind die Ergebnisse? Also wirklich Ergebnis und auch themenoffen an solche Projekte dran zu gehen. Und natürlich trotzdem vorab zu bedenken, dass es eben diese verschiedenen Perspektiven gibt, um dann die passenden Partnerinnen und Partner zu finden. Ja, ich bin überzeugt davon, dass Innovationen tatsächlich gemeinschaftlich entwickelt werden und auch gemeinschaftlich entstehen. Und ich glaube, dafür sind Forschungsprojekte zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft das Paradebeispiel. 

Klaus Reichert: Ich finde es toll, dass du jetzt das sagst. Das ist für mich eine der ganz zentralen Themen, einerseits natürlich gemeinsam etwas zu erarbeiten innerhalb des Unternehmens, nicht von dem Genie auszugehen, das sozusagen alles dann macht und von dem einen Menschen, von dem es aus dann kommt. Und vor allem auch dann eben das Miteinander, das Zusammenarbeiten von verschiedenen Firmen mit Partnern, mit Hochschuleinrichtungen, mit Externen, mit den Kunden selbst, das ist für mich eigentlich eine der Grundlagen für Innovationen heutzutage, indem eigentlich keiner mehr alles mehr selbst machen kann. Das macht ja gar keinen Sinn, das alles dann auch aufzubauen. Das machen ja noch nicht mal mehr große Unternehmen wie Automobilunternehmen zum Beispiel, Automobilhersteller. Jetzt haben wir aber doch zum Beispiel unterschiedliche, vielleicht auch Ziele und Zeithorizonte in Wissenschaft und Wirtschaft. Also zum Beispiel ist in der Wirtschaft wichtig, dass etwas nicht nach außen getragen wird, bis es patentiert ist. In der Wissenschaft ist es wichtig, dass ich möglichst schnell Paper schreibe. Wie kriegen wir sowas zum Beispiel zusammen?

Maria Anne Schmidt: Ist eine gute Frage, definitiv, und aus meiner Sicht eine der tatsächlichen Barrieren, über die wir sprechen. Wir können wir auch schneller werden und gleichzeitig leben, glaube ich, gute Forschungsergebnisse davon, dass sie auch eine Weile dauern. Also ich glaube, die Frage ist immer: Wieviel Zeit muss vielleicht auch sein? Und dann: Was ist vielleicht auch unnötige Bürokratie? Und ich glaube, an dieser Schnittstelle müssen wir auch gemeinsam irgendwie arbeiten. Und da müssen aus meiner Sicht Wissenschaft und Wirtschaft, weil das sehr unterschiedliche Systeme sind mit unterschiedlichen Zeithorizonten, ein bisschen aufeinander zugehen und im Zweifel auch eine Lösung gemeinsam finden. Und wenn ich als Unternehmen sage, ich habe eine ganz konkrete Fragestellung und ich bräuchte relativ schnell eine Lösung, dann gibt es ja auch immer die Möglichkeit der Auftragsforschung. Auch das ist ja eine Kooperationsmöglichkeit, die relativ schnell funktionieren kann. Dass ich als Unternehmen sage: In zwei, drei Monaten hätte ich gerne eine Lösung dafür. Gibt es bei Ihnen jemanden, der a) die Kompetenz, b) die Zeit hat und ich das als Auftragsforschung rein gebe? Also das meinte ich mit der Frage nach, man schaut einfach mal, welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit da sind. Und der zweite Punkt, den du angesprochen hast, auch da so ein bisschen Unterschiede in beiden Systemen. Einerseits brauchen wir vielleicht, gerade wenn es um Patente geht, den Schutz natürlich auch vorab und andererseits ist aus meiner Sicht es absolut notwendig, dass wir als Wissenschaft noch offener werden. Und ich glaube, das ganze Thema Open Innovation und Open Science spielt natürlich eine total große Rolle und sollte auch eine immer größere Rolle spielen. Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung ist aber genau das festgehalten. Also ein Non-Disclosure Agreement kann man immer abschließen und gleichzeitig kann man ja auch später, Jahre später oder zwei Jahre später, bestimmte Ergebnisse freigeben. Das ist alles, ich würde mal sagen, verhandelbar und vielleicht gemeinsam herauszufinden. Und wenn das eben nicht passt, dann schaut man, ob man andere Partnerinnen und Partner findet, mit denen man das gemeinsam machen kann. Aber es ist kein Muss, dass wir alle Ergebnisse immer publizieren, gerade weil natürlich bekannt ist, dass bestimmte Sachen, die vielleicht in einem Patent münden. Auch da haben wir eine Mitarbeiterin zum Beispiel an der Hochschule, also das Thema Patente spielt natürlich eine Rolle, auch aus der Forschung ja heraus, wo dann einfach eine Beratung stattfinden kann und man gemeinsam schaut, wie finden wir eine Lösung zwischen Open Science und natürlich auch Innovationen, die gegebenenfalls bestimmter Schutzrechte bedürfen. 

Klaus Reichert: Ihr habt da jemand, der auch in dem Thema Patente ein Fachmann, Fachfrau für Patente, und könntet dann eben auch aus solchem Blickwinkel beraten beziehungsweise das in die Vorgehensweise mit einbauen? 

Maria Anne Schmidt: Genau! Absolut! Das heißt, wir haben ja auch Patente, die aus der Forschung heraus bei uns entwickelt werden. Das sind ja relativ langwierige Anmeldeprozesse, das wissen die Beteiligten besser als ich, ich habe noch kein Patent angemeldet. Aber das passiert sozusagen aus der Forschung heraus. Und das kann natürlich auch als Ergebnis eines gemeinsamen Forschungsprojektes entstehen und dann hält man solche Sachen vorher in der Kooperationsvereinbarung fest und findet definitiv eine Lösung. 

Klaus Reichert: Du hast vorhin angesprochen, dass man natürlich am Anfang eine Art Matching machen muss, um herauszufinden, wo die unterschiedlichen Ziele der Beteiligten sind, was die Erwartungen sind, um auch die besten Partner zusammenzubringen. Gleichzeitig herauszufinden, wie lange so ein Projekt tatsächlich dauern kann, wie man es vielleicht sogar zerschneiden kann, um bestimmte Dinge vielleicht schon früher zu bekommen oder mit anderen Partnern zusammen zu realisieren. Was mich immer wieder umtreibt, ist, wie man Raum und Zeit zum Experimentieren in so einem Zusammenhang findet. Habt ihr da vielleicht eine gute Vorgehensweise, die bei allen das Verständnis dafür schafft, das Experimentieren notwendig ist? Dass man vielleicht auch mal eine Zeit lang noch gar nicht sagen kann, wie lange etwas tatsächlich dauert? Habt ihr da vielleicht eine Art Projektvorstufe dafür schon euch ausgedacht? 

Maria Anne Schmidt: Die Frage ist insofern schwer zu beantworten, als dass ja, wie du es gerade ansprachst, die Lösungen so individuell sind und diese Fragestellung dazu auch sehr, sehr individuell ist. Ich glaube, wenn man einen gemeinsamen größeren Forschungsantrag stellt, dann ist ja genau das eigentlich schon ein Zeitraum, über den man herausfindet und experimentiert, passt das auch überhaupt. Also das heißt, bei größeren Anträgen sprechen wir zum Teil ja von einem Jahr. Wenn das zweistufige Verfahren sind, in denen ein großes Konsortium gemeinsam reingeht, dann hat man schon mal ein Jahr Zeit, die passenden Partner und Partnerinnen zu finden. Und dann liegt das natürlich auch immer in den Händen dieses Konsortiums. Da spielt es natürlich eine Rolle, wie finden die Partner*innen in der Fachebene sozusagen zusammen. Wir haben keinen Ort an der Hochschule, sage ich mal, wo wir sagen, alle, die Lust haben, gemeinsam ein Projekt zu machen, können sich jetzt hier treffen und wir leiten das an, weil das natürlich auch sehr themen- und fachspezifisch ist. Und aus der Leitungsperspektive es glaube ich immer sinnvoll ist, das auch den Fachkolleginnen und Fachkollegen zu überlassen. Gleichzeitig unterstützen wir natürlich auch bei Forschungs- und Förderanträgen und bringen auch Leute gemeinsam an den Tisch. Also manchmal haben wir ja selber auch eine Idee, entwickeln Ideen und fragen einfach Partnerinnen und Partner. Momentan geht’s total einfach, man lädt mal zu einem Zoom-Kaffee ein und schaut auch, ob die Leute einfach Lust darauf haben, etwas gemeinsam zu machen. Und ich finde, das sieht man sehr, sehr schnell. 
Ich nenne dir gerne noch ein Projekt, was vielleicht gar nicht so sehr im Bereich Klimaschutz ist, aber was, ich glaube, diesen Bereich der neuen Form der Zusammenarbeit ein bisschen darstellt. Ich glaube auch, die Interaktion zwischen Kunst und Wissenschaft spielt eine große Rolle. Und wir haben eine Mitarbeiterin, die in der Verfahrenstechnik tatsächlich eher Grundlagenforschung macht. Ihr großes Projekt ist gerade auch im Sonderforschungsbereich der DFG, wo es darum geht, Rohöl zukünftig zu ersetzen durch pflanzliche Öle in bestimmten Prozessen in der Verfahrenstechnik, also wirklich Grundlagenforschung betreibt. Und wir eine Idee entwickelt haben, wäre das nicht spannend, dass Künstler und Künstlerinnen ins Labor gehen und diese Prozesse, die dort ablaufen, vertonen oder in irgendeiner anderen Form sozusagen zugänglich machen? Und ich glaube, solche Wege sind total wichtig. Weil wir haben ja darüber geredet, es gibt immer noch Barrieren. Ich glaube, wir haben im letzten Jahr gesehen, wie wichtig Wissenschaftskommunikation ist, wie wichtig neue Zugänge und auch das Verstehen von Wissenschaft ist. Und bei diesem Projekt haben wir dann einfach die Leute an den Tisch geholt. Und es ist total interessant, wenn man sieht, wie eine Grundlagenforscherin, die tatsächlich in der Verfahrenstechnik aktiv ist, auf einmal mit, ich sage mal, ziemlich abgefahrenen Künstlern und Künstlerinnen am Tisch sitzt und man versucht, sich vorzustellen, was könnte das Ergebnis eines solchen Prozesses sein. Aber genau das ist spannend und da sind wir wieder bei diesem Thema an dieser (unv. #00:27:46.7# Schaltstelle?), Fachgrenzen überschreiten und auch Dinge mal auszuprobieren. Und ich glaube, in solchen Anträgen funktioniert das total super, weil dann sieht man mal: Ich verstehe überhaupt nicht, was der eine möchte. Der Künstler, die Künstlerin muss natürlich verstehen, was ist denn Verfahrenstechnik und was machen irgendwelche Moleküle? Ich verstehe überhaupt nichts. Aber dann kommt man zusammen und dann spricht man miteinander. Und genau diesen Prozess mal auszuprobieren, Leute an den Tisch zu bringen, die vielleicht auf den ersten Blick überhaupt nicht zusammenpassen, da passiert total viel. Und daraus entstehen Innovationen und im besten Falle große Forschungsprojekte und manchmal aber auch nur kleine Forschungsprojekte. Was dann das Ergebnis ist, das ist häufig gut, aber auch nicht immer. Und das ist, glaube ich, das Ausprobieren. Ich glaube, da sind wir in der Forschung generell in einer total guten Situation, dass wir eben sowieso die Möglichkeit haben, Dinge auch mal auszuprobieren. Und es scheitern viele Forschungsprojekte und das ist gut und das ist auch richtig so, weil so ist die Forschung. Und das Ganze ist für mich ein großes Experimentieren, wenn Projekte zusammen umgesetzt werden. 

Klaus Reichert: Bin ich vollkommen bei dir. Ich bin ein großer Freund vom Experimentieren. Es gibt allerdings manche Leute, die sind nicht so ganz begeistert davon, weil sie sagen: Das braucht zu viel Zeit. Das kostet vielleicht extra Geld. Das bringt uns auf irgendwelche Abwege. Und dann ist sozusagen die Bereitschaft vielleicht auch zum Spielen gar nicht da. Denn Experimentieren hat, finde ich, auch sehr viel mit Spielen zu tun, mit, die Augen aufmachen für etwas, was eben ganz anders ist außerhalb dessen, was man schon gewohnt ist. Insofern finde ich das toll, wenn man eben wie in eurem Fall dann verschiedenste Disziplinen mit dazu bekommen kann, wenn man junge Menschen, ältere Menschen mit dabeihaben kann, wenn man so eine diverse Gruppierung dann eigentlich zusammenbekommt. Die Idee mit den Künstler*innen finde ich toll. Was ich verstanden habe, ist, ihr habt das selber initiiert diese Art Plattform und dann eingeladen, unterschiedlichste Beteiligte eingeladen. 

Maria Anne Schmidt: Das passiert, dass wir selbst einladen, dass wir aus unserer Perspektive gerade für den Bereich Wissenschaftskommunikation oder offene Wissenschaft, also auch Bürgerbeteiligungen und so weiter, eigene Ideen entwickeln und dann gucken in der Hochschule und natürlich auch in unserer Umgebung, wer können passende Partner und Partnerinnen sein. Der Großteil der Forschung kommt natürlich von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern selbst. Das sind Menschen, die natürlich extrem intrinsisch auch motiviert sind, weil sie ihren eigenen Bereich weiterentwickeln wollen und eigene Fragestellungen haben. Und gleichzeitig, und das finde ich das Tolle an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften, leben wir sowohl in der Lehre als auch in der Forschung genau davon, dass Unternehmen auch Fragestellungen reintragen. Sei es als Lehrbeauftragte, wie ich vorhin sagte, dass sie wirklich in der Lehre selber aktiv werden und ihre Praxiserfahrung mit einbringen. Sei es aber auch, dass die Unternehmen – und hier eben noch mal die Motivation dazu wirklich auf die Hochschulen zuzugehen – Fragestellungen reinbringen. Das sind auch Start-ups. Und ich bin total bei dir, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen noch größere Hürden haben dabei zu sagen, wir experimentieren jetzt mal ein halbes Jahr gemeinsam. Aber auch dafür gibt es eben die Möglichkeiten. Im Spree-Hub zum Beispiel, das Projekt, was ich vorhin schon ansprach, so ein Innovationsraum, der sich gerade wirklich an kleine und mittelständische Unternehmen auch in der Region bei uns im Süden Berlins richtet, da geht es eben darum, kurzfristige, kleinere Weiterbildungen anzubieten. Ich sage mal, Informationsveranstaltungen, die manchmal nur eine Stunde lang gehen, wo man einfach als Unternehmer sich in der Mittagspause dazuschaltet und etwas zum Thema Transformation oder Innovation lernt. Oder zum Thema, brauche ich überhaupt KI in meinem Unternehmen? Spielt das eine Rolle? Muss ich mich da weiter darüber informieren? Oder eben mal kurzfristige Projekte auch mit Studierenden. Ich glaube, es ist eben wichtig zu verstehen, dass es auch je nach Bedarf des Unternehmens verschiedenste Lösungen gibt, die eben langfristig oder kurzfristig sein können. Dann ist es natürlich total gut, dass wir einfach so einen Einstieg haben. Ich glaube, was wir sehen, ist, bei großen Forschungsprojekten sind das entweder natürlich sehr, sehr große Unternehmen mit eigenen Forschungsentwicklungsabteilungen, die, ich sage mal, es sich leisten können, eben solche langfristigen Innovationsprozesse, Forschungsprojekte mitzugehen und zu begleiten. Und bis man aber dorthin kommt, auch vielleicht als kleines und mittelständisches Unternehmen so einen großen Antrag zu begleiten und so ein langes Forschungsprojekt, gab es häufig vorher schon eine kleinere Kooperation. Man hat es erst mal ausprobiert, man hat teilgenommen an einer Veranstaltung an der Hochschule, an einer Info-Veranstaltung. Oder man hatte eben mal ein Lehrprojekt mit Studierenden umgesetzt innerhalb von zwei, drei Monaten. Und dann sieht man, dass es auch möglich ist, längerfristige Projekte einzugehen. Ich glaube, man muss das ausprobieren und man muss sich auch ran arbeiten und man muss sich an die Wissenschaft rantrauen. 

Klaus Reichert: Also keine Berührungsängste haben? 

Maria Anne Schmidt: Im besten Falle nicht. Ich glaube, wir sind hoffentlich weit davon entfernt Wissenschaft im Elfenbeinturm zu betreiben. Wie gesagt, gerade als Hochschule für Angewandte Wissenschaften, aber auch die Universitäten haben mittlerweile das Thema Transfer sich auf die Fahnen geschrieben. Und ich finde das total toll, wie sich auch die Wissenschaftskommunikation das ganze Thema Bürgerbeteiligungen und auch generell die Fragestellung nach: Wie vermittele ich auch die Ergebnisse, die bei solchen Projekten entstehen? Und wie vermittele ich auch die Prozesse, wie so ein Forschungsprojekt überhaupt abläuft? Dass das so eine hohe Relevanz auch in den letzten Jahren bekommen hat, das hilft uns, glaube ich, sehr, diese Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft auch weiter auszubauen. Und das sollte auch unser Ziel sein auch als Einrichtung. 

Klaus Reichert: Diese unterschiedlichen Denkweisen, teilweise ja auch Zwänge, denen man unterlegt in seiner eigenen Disziplin, in seiner eigenen Umgebung, dass die die anderen verstehen und daraus dann auch mehr ablesen können. Dass zum Beispiel auch die Gesellschaft, ich sag‘s jetzt mal in Anführungszeichen, zum Beispiel „versteht“, wie Wissenschaft tatsächlich entsteht, und dadurch natürlich für eine größere Akzeptanz der Ergebnisse gesorgt wird. 

Was mich jetzt noch interessieren würde, ist jetzt aus eurer Sicht heraus, wenn ihr eine Kooperation in dieser Art eingeht, das können jetzt unterschiedliche Stufen sein, das kann auch natürlich Auftragsforschung sein, das können auch diese kurzfristigen Veranstaltungen zum Beispiel im Spree-Hub – wir reden ja da wirklich von einer Räumlichkeit direkt am Wasser, also sehr empfehlenswert. Was sind denn da so diese Dinge, wo ihr den Fokus drauflegt oder wo ihr sagt, Mensch, das brauchen wir eigentlich, damit ein gutes Projekt draus wird? Also braucht ihr zum Beispiel eher Mittel dann für Labore oder für Menschen, die an den Themen arbeiten? Müsst ihr dann vielleicht irgendwelche externen Sachen noch bezahlen? Was ist das, was euch eigentlich dann am meisten dran interessiert oder am meisten helfen würde, da gute Forschung zu betreiben? 

Maria Anne Schmidt: Die Logiken der Hochschulen sind immer noch tatsächlich Lehre und Forschung, in diesen beiden Dimensionen, die ja auch unsere Hauptaufgaben sind, auch zu Recht sind, funktioniert ja auch, ich sage mal, die Finanzierung dieses Hochschulsystems. Und deswegen ist es manchmal ein bisschen schwierig, wenn man versucht, eine Kooperation aufzubauen, so vielleicht nicht in diesen beiden Logiken hineingeht, sondern wirklich mal ein Open Science / Open Innovation Projekt, was jetzt wieder einen Lehrbezug hat, sondern diesen Experimentierraum so ein bisschen aufmacht. Da müssen wir immer schauen, welche Logiken haben wir. Gleichzeitig brauchen wir immer die Fachexpert*innen, das sind die Professor*innen, das sind die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen an den Hochschulen. Und die haben natürlich auch zeitliche Grenzen, Ressourcen. Also das heißt, es ist häufig so, dass über Forschungsprojekte natürlich wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Hochschulen dann kommen. Also das Stichwort Personal, was für uns natürlich total hilfreich ist. Gleichzeitig, wenn wir jetzt an Innovationen wie das Beispiel mit der Verfahrenstechnik denken, dann braucht es auch gewisse Laborausstattungen, die vielleicht aber bei Unternehmen auch vorhanden sind oder die bei Unternehmen nicht vorhanden sind, aber in der Hochschule vorhanden sind, sodass man auch gemeinsame Ressourcen nutzen kann. Aber ich sprach‘s vorhin schon an, die Forscherinnen und Forscher sind aus meiner Sicht sehr stark intrinsisch motiviert. Die haben wirklich Interesse ihr eigenes Fachgebiet jeweils voranzutreiben. Und ich glaube, das ist die größte Motivation. Und ja, dafür braucht es tatsächlich auch Geld. Und wenn ich mir was wünschen könnte für die Zukunft, dann wäre es, dass wir ein bisschen diese Logiken dieses Wissenschaftssystems durchbrechen und zum Beispiel nicht immer in Konkurrenz stehen bei Forschungsanträgen. Weil genauso ist es ja, wir konkurrieren mit anderen Konsortien um Fördermittel. Und viel schöner wäre es ja zu sagen, wir teilen einfach mal gerade diese Projektidee, die wir haben, mit anderen und entwickeln die mit einer anderen Hochschule oder mit einem anderen Konsortium, was ich auch bewerben will, weiter. Ich glaube, diese Fragestellung, die ja auch Unternehmen gemeinsam haben, also so schön die Vorstellung einer offenen Innovation ist, so schnell sind wir dann doch wieder bei der Frage: Was ist mit dem Patent? Was ist mit Ideen, die entwickelt werden? Und wie können die vielleicht auch weiter genutzt werden? In der Wissenschaft ist es auch die Reputation, also die Frage, wenn ich ein großes Forschungsprojekt vielleicht mache, dann bin ich ja die Person im besten Fall, die auch gut publiziert. Und wenn wir es schaffen, da neue Ansätze – und das ist aber eine Gesellschaftsveränderung, die meiner Meinung nach da stattfinden muss, das fängt ja auch bei den Menschen an – wenn wir das irgendwann hinbekommen, dann sind wir wirklich im Bereich der Open Science angekommen. Und dann brauchen wir aber auch die Unternehmen und auch die anderen Einrichtungen, die ja genau mit uns mitgehen. Weil gerade, wie gesagt, als Hochschule für Angewandte Wissenschaften leben wir davon, dass Fragestellungen aus Unternehmen reinkommen, dass wir gemeinsam angewandte Forschung betreiben und dass die Forschungsergebnisse dann wiederum ja auch weitergenutzt werden können. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg, und ich glaube, da entstehen grad ziemlich viele Initiativen. Aber die Fördermittelgeber und diese Logik, wie Förderprojekte zum Beispiel vergeben werden, die sind konkurrenzorientiert. 
Klaus Reichert: Verstanden! Das heißt also, wir haben schon gerade so ein bisschen die Wunschliste aufgemacht. Wir haben einen großen Horizont jetzt gerade gemacht. Wenn wir jetzt ein bisschen kleineren Horizont machen und vielleicht nur ein kleineres Projekt mal noch angehen, was wäre dann da so deine Wunschliste für das ideale Projekt aus eurer Sicht, aus der Hochschulsicht? Und wann würdest du sagen, ist so ein Projekt dann auch für euch erfolgreich? 

Maria Anne Schmidt: Das nächste Wunschprojekt auf meiner Liste ist tatsächlich, dass wir ein eigenes Klimaschutzkompensations-Projekt auferlegen. Also als Organisation wollen wir klimaneutral werden und das ziemlich bald. Und die Idee ist, dass mit den Expertisen, die wir in der Hochschule haben, aber dann natürlich auch gemeinsam mit anderen überlegen, wie wir ein eigenes Kompensationsprojekt auferlegen können. Das wird ein paar Jahre dauern, das ist nichts, was heute und morgen passiert. Das kennen wir von der Hochschule Eberswalde, die das entwickelt hat. Aber das ist das Ziel. Manchmal macht es ja total Sinn und man vergisst es manchmal, dass die Expertisen, die wir eigentlich im Hause haben, auf die eigene Organisation auch angewendet werden können. Und das wäre genau der Fall, dass wir jetzt nicht nur Transfer zwischen verschiedenen Systemen machen, sondern das auch mal rückspielen in unsere Organisation und das ein Gemeinschaftsprojekt wird zwischen allen Disziplinen, allen Wissenschaftler*innen, die eben am Thema Nachhaltigkeit arbeiten, auch ein Gemeinschaftsgefühl daraus entstehen kann. 

Klaus Reichert: Und welch besseren Ort gibt es als eine Hochschule, die so multidisziplinär aufgestellt ist. 

Maria, es geht ja im Podcast auch darum, vom Zuhören zum Mitmachen zu kommen. Da hast du uns jetzt auch was von der HTW Berlin mitgebracht. 
Maria Anne Schmidt: Ich freue mich total, nochmal über den Spree-Hub kurz sprechen zu können. Das ist wirklich dieses Innovationssystem, was sich auch an insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen richtet, was eben auch Barrieren abbauen soll, was helfen soll bei Innovationen im eigenen Unternehmen. Und hier würden wir gerne ein Fachgespräch anbieten. Das heißt, diejenigen, die sich interessieren dafür, können sich einfach bei meiner Kollegin melden, finden weitere Informationen auf deiner Website. Und ich bin gespannt tatsächlich, und das ist ja immer das Schöne, welche Anfragen eben von der Gesellschaft, von den Unternehmen hineinkommen und welche Fragestellungen uns dann vielleicht auch beschäftigen können.
Klaus Reichert: Ja, das finde ich auch immer wieder verblüffend. Man denkt ja schon, man kennt irgendwie alles, was natürlich der größte Trugschluss der Welt ist, und dann kommt irgendwas ganz, ganz Spannendes um die Ecke und man ist total verblüfft. Das ist eine der sehr, sehr schönen Nebeneffekte von diesem Job. 

Maria Anne Schmidt: Da möchte ich dir ganz kurz am Ende eine kleine Geschichte erzählen, die sehr, sehr neu ist und auch einen kleinen Bezug zum Thema Nachhaltigkeit hat. Wir haben eine Anfrage bekommen, dass eine der größte Fledermaus-Populationen erhalten bleiben soll und in ein Bauprojekt integriert werden soll und dafür gerade Lösungen gesucht werden. Das war eine Anfrage, die hat uns total gefreut. Wir haben uns so ein bisschen gewundert, wir müssen jetzt gerade mal schauen, welche Expertisen wir da im Hause haben. Aber das war auch tatsächlich mal eine Anfrage, die so neu war und so anders zu dem, was sonst reinkommt, dass einem das, glaube ich, langfristig auch im Kopf bleiben wird. 

Klaus Reichert: Ich kenne ein Projekt, wo sowas sehr, sehr notwendig gewesen wäre. Ist allerdings schon längst durch. Ich bin schon gespannt, was dabei rauskommt. 

Maria, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, heute hier über die Zusammenarbeit, die Kooperationen von Forschungseinrichtungen mit Unternehmen zu sprechen. Ich glaube, wir nehmen sehr viel mit, was uns vor allem dann auch den Start zu einer Kooperation, in eine mögliche Kooperation erleichtert. Vielen Dank noch mal für deine Zeit! 

Maria Anne Schmidt: Ich fand’s total schön, mich heute mit dir darüber zu unterhalten. Ich danke dir ganz herzlich.

Das war der Smart Innovation Podcast. Er wurde mit einem interessierten Publikum live aufgenommen. Vielen Dank fürs Dabeisein und Zuhören! Diese Episode gibt es auch zum Lesen. Der direkte Link ist in den Shownotes. Noch kein Abonnent? Die Show ist überall zu finden, wo es Podcasts gibt. Weitere Informationen zum Podcast und meine Kontaktdaten sind bei klausreichert.de/podcast. Dort gibt es auch eine Übersicht der nächsten Liveaufnahme-Termine. Ich bin Klaus Reichert und das war der Smart Innovation Podcast.

Über

Dr. Klaus Reichert

Hallo, Klaus Reichert hier. Ich bin unabhängiger Berater und kreativer Business Coach mit Herzblut für Innovation und begleite Unternehmen mit viel Erfahrung und Kreativität beim Innovationsmanagement und Innovationsstrategie auf dem Weg von der Vision zu enkeltauglichen Leistungen. Mein Standort ist Baden-Württemberg, zwischen Karlsruhe und Bodensee.

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