In dieser Episode des Smart Innovation Podcast ist Martin Büchs vom Familienunternehmen Jopp mein Gesprächspartner. Wir unterhalten uns über Innovation im Familienunternehmen durch den Aufbau von Entwicklungskompetenz, Integration von Zukäufen & Internationalisierung. Wir unterhalten uns darüber, wie das Familienunternehmen Jopp aus Bad Neustadt sich zum Systemlieferant für die Automobilindustrie entwickelt hat. Dabei gehen wir auch auf Schritte ein, die helfen sollen, selbst ihr Unternehmen innovativer zu machen und gehen auf aktuelle Themen wie die Transformation zur Elektromobilität ein.
Über
Martin Büchs ist Geschäftsführer der familiengeführten Jopp-Gruppe mit Sitz in Bad Neustadt. Er ist seit 16 Jahren im Unternehmen maßgeblich an der Aufstellung des Familienunternehmens als Systemlieferant in der Automobilindustrie beteiligt. Das Traditionsunternehmen JOPP wurde 1919 gegründet. 1700 Mitarbeitende weltweit erwirtschaften einen Umsatz von ca. 180 Mio. EUR.
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in dieser Episode erwähnt
- IFSYS
- EMSO
- Automotive Spice
- Bad Neustadt geförderte Modellstadt für Elektromobilität in Bayern
- Shift by Wire Wikipedia
- Hochschule Würzburg-Schweinfurt
- Universität Würzburg
vom Zuhören ins Machen kommen
Wir gehen ab ca. Min. 33 im Podcast übersichtlich auf die zentralen Punkte ein.
Wichtige Hilfen auf dem Weg der Transformation: Erarbeitung einer tragfähigen Vision und Geschäftsmodell.
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Transkript
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Klaus Reichert: Mein Gast heute Martin Büchs, er ist Geschäftsführer der familiengeführten Jopp-Gruppe mit Sitz in Bad Neustadt in Franken in Bayern. Das Traditionsunternehmen Jopp wurde 1919 gegründet und erwirtschaftet heute weltweit einen Umsatz von 180 Millionen Euro mit 1.700 Mitarbeitenden. Martin Büchs ist seit 16 Jahren im Unternehmen maßgeblich an der Aufstellung des Familienunternehmens als Systemlieferant in der Automobilindustrie beteiligt und hat schon einiges in diesem Zusammenhang erlebt. Hallo Martin, ich freue mich auf unser Gespräch heute.
Martin Büchs: Danke, Klaus, für die Einladung.
Klaus Reichert: Ihr habt in eurer Firma die letzten Jahrzehnte ganz sicher Außergewöhnliches geschafft, ihr habt euch in den letzten 25 Jahren ungefähr ziemlich stark gewandelt und darüber wollen wir uns heute unterhalten. Vielleicht ganz kurz, wo steht Jopp heute, was sind so die großen Themen, die ihr bearbeitet?
Martin Büchs: Wir sind traditionell ein Zerspaner, seit über 100 Jahren, wir sind ein Lieferant von Bauteilen nach Zeichnung. Und das ist ein Familienunternehmen, mein Vater hat die Firma übernommen im Jahr 1991. Und wir haben es dann geschafft, ins Systemgeschäft der Automobilindustrie einzusteigen und in diesem Systemgeschäft haben wir uns also zum direkten Lieferant der Fahrzeughersteller entwickelt. Und natürlich, in dem Fahrzeugmarkt ist eine ganze Menge Bewegung aktuell, man kann das auch Transformation nennen, digitale Transformation, automobile Transformation, weg vom klassischen Verbrennungsmotor hin zu einem elektrischen Antriebsstrang. Insofern sind das bewegte Zeiten für uns, waren die letzten Jahre, aber sind sie aktuell auch immer noch, in dieser Transformation, in der wir mittendrin sind, weil wir auch viele Komponenten für den klassischen Verbrennungsmotor traditionell herstellen.
Klaus Reichert: Das heißt, also heute seid ihr ein Unternehmen, das vielfältige Teile herstellt für die Automobilindustrie in einem Bereich, der sich grade sehr, sehr, sehr stark wandelt. Jetzt ist da natürlich für euch, ist die Transformation zu anderen Themen, anderen Produkten, vielleicht auch anderen Branchen ein Thema, da werden wir am Ende noch drauf eingehen, aber heute seid ihr ein relativ großes Familienunternehmen?
Martin Büchs: Ja, kann man so sagen, hat sich Schritt für Schritt so entwickelt, also hätten wir selber nicht gedacht vor 20, 30 Jahren, dass wir heute da stehen. Und das hat sich auch entwickelt durch Akquisition, durch Übernahmen von Unternehmen, nicht nur organisch und deswegen sind wir auch relativ komplex strukturiert mit verschiedenen Standorten, verschiedenen Technologien und weltweit aufgestellt, also mit Werken in Europa, Amerika und Asien.
Klaus Reichert: Wie viel Standorte gibt es da weltweit?
Martin Büchs: Es gibt elf Standorte weltweit und in der Regel produzieren wir auch lokal, weil, die Automobilindustrie ist ja darauf angewiesen, dass man als Zulieferer wirklich lokal auch fertigen kann.
Klaus Reichert: Okay. Das heißt, ihr habt auch die Fähigkeit, da eben mitzugehen, wenn dieses Automobilunternehmen eben in ein neues Land geht zum Beispiel?
Martin Büchs: Ja, da sind wir regelmäßig, das letzte Land war jetzt Indien. Indien ist auch das einzige Land, wo wir mit einem Partner zusammen sind, in allen anderen Ländern sind wir komplett eigenständig, zu 100 Prozent. Aber in Indien sind wir tatsächlich mit einem Partner seit drei Jahren unterwegs und auch das schein ein ganz gutes Modell zu sein.
Klaus Reichert: Jetzt hast du schon erwähnt, dass euer Unternehmen schon ziemlich lange, seit über 100 Jahren, existiert, aber ihr habt auch so vor circa 30 Jahren einen ziemlichen Einschnitt gehabt. Da würde ich jetzt gerne zuerst sprechen, um dann zu sehen, von wo aus ihr jetzt eigentlich gestartet seid, um zu diesem Punkt, an dem ihr jetzt heute seid.
Martin Büchs: Ja, ich erzähle gern was von dem Einschnitt, den ich persönlich noch gar nicht so miterlebt habe, weil ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht im Unternehmen war. Also die Firma Jopp wurde gegründet von einer Familie Jopp, daher kommt der Name auch. Und die Firma Jopp war im Jahr 1912 in Insolvenz, damals hieß das noch Konkurs, war auf Zerschlagung des Unternehmens ausgerichtet. Und das war der Zeitpunkt, als mein Vater, der damals bei einem anderen Unternehmen beschäftigt war, zusammen mit drei Mitarbeitern das Unternehmen übernommen hat, in dieser Krisensituation. Damals gab es nur einen Standort und Jopp war Lieferant von Dreh- und Sinterteilen. Also Teile, die man nach Zeichnung fertigt, schon Hochpräzision, aber ohne Entwicklung. Und von diesem Punkt aus, da haben wir das Unternehmen, hat mein Vater im Wesentlichen zusammen mit seinen Wegbegleitung, das Unternehmen hat sich auf eine Reise begeben. Und die Reise ist heute noch nicht beendet, wie ich gesagt habe, die Automobiltransformation ist in vollem Gange, aber wir schöpfen aus der Erfahrung. Und die Erfahrung darin besteht, dass Produkt zu verändern, die Technologie zu verändern, also die Produktionstechnologie, ja und auch die Entwicklung halt entsprechend flexibel aufzustellen, um auf neue Anforderungen dann reagieren zu können.
Klaus Reichert: Das ist natürlich nichts, was einfach über Nacht so passiert, ja, also das heißt also, ihr habt erst mal schwierige Situationen, Startbedingungen gehabt, das ist ja nicht so ganz so leicht, und dann kamen unterschiedlichste Wachstumsschritte dazu, über die wir jetzt einfach mal reden sollte. Also ihr habt ja mit verschiedenen Unternehmen zusammengearbeitet, ihr habt euch ergänzt, ihr habt Firmen übernommen. Was ist denn da so die Geschichte, wie ist das so abgelaufen?
Martin Büchs: Also ich denke, ein wesentlicher Meilenstein für uns war der Einstieg in die Entwicklung. Wir haben es geschafft mit viel harter Arbeit, vielleicht aber auch mit etwas Glück, einen Auftrag von Porsche zu bekommen, der aufgrund eines Lieferantenproblems bei dem Hersteller, haben wir die Chance gehabt, da einzusteigen. Zunächst als einfacher Lieferant von Bauteilen, aber dann später in der Entwicklung. Offenbar haben wir keine schlechte Arbeit abgeliefert, sonst hätte uns der bekannte Premiumhersteller nicht ausgewählt. Und dadurch konnten wir uns einfach von innen heraus verstärken dann auch in der Entwicklung, haben dann weitere Aufträge von anderen namhaften Hersteller bekommen, BMW, Volkswagen, Ford später, auch im Landwirtschaftsbereich, John Deere, also viele namhafte Hersteller, die dann im Laufe der Jahre gemerkt haben, dass wir doch eine Menge zu bieten haben. Und das ging natürlich nur Schritt für Schritt. Also der erste Schritt war der erste Kunde, dann Aufbau der eigenen Kompetenzen. Unsere Kompetenzen sind im Wesentlichen im Bereich der Mechanik, aber wir hatten damals noch keinen Kunststoff. So und Kunststoff hat dann, das war auch noch vor meiner Zeit, mein Vater entschieden, da könnten wir doch eine Firma übernehmen, damit wir nicht alles zukaufen müssen, sondern auch einiges im eigenen Haus machen können. Das war ein sehr wichtiger Schritt für uns damals und den gleichen Schritt gab es dann später nochmal in der Elektronik. Also dann beim zweiten großen Auftrag für BMW war es dann schon so, dass die Elektronik ganz wichtig war. Wir haben damals auch eine Firma übernommen, die erste Firma war in der Eifel, drei Stunden entfernt von uns, die zweite Firma war im Schwarzwald, auch drei Stunden entfernt, andere Richtung. Gut, das haben wir uns nicht ausgesucht, es hat sich so ergeben.
Klaus Reichert: Aber es sind schöne Richtungen, sagen wir es mal so.
Martin Büchs: Genau, also passt zu uns. Also wir sind ja hier, ich spreche jetzt mit dir aus unserem Stammsitz in der Rhön, eine ländliche Gegend. Und da in der Eifel, ich sage mal, ähnlich strukturiert, das passt zu uns, wir haben da ähnliche Kultur und sind keine Großstädte, in denen wir sitzen. Und auch im Schwarzwald, ich sage mal, das passt zu unserer Kultur, die ganzen Standorte. Aber es bringt natürlich eine gewisse Komplexität mit sich, also immer andere Standorte, die wir integrieren mussten. In den ersten Jahren haben wir die auch extrem unabhängig geführt, unter eigenen Namen, wir haben die eher als Zulieferer gesehen, im Laufe der Jahre haben wir sie dann integriert. Wir haben auch unseren Namen vereinheitlicht, wir treten heute nur noch mit dem Namen Jopp am Markt auf, außer unsere Maschinenbauzuführtechnik, die unter dem Namen IFSYS und Emso noch unterwegs sind. Aber als Zulieferer haben wir dann auch jetzt einen einheitlichen Namen, eine einheitliche Strategie. Und wie gesagt, diese Kompetenzen Mechanik, ursprünglich Stahlverarbeitung, aber dann auch Kunststoff und Elektronik, die wir jetzt alle abdecken können. Das ist ja heutzutage ein ganz moderner Begriff, nennt man heutzutage Mechatronik, was wir machen, also wir machen mechatronische Systeme. Und haben dann dort den Einstieg in ein neues Produktfeld eben geschafft, Getriebeschaltungen. Also ich vermute, das mindestens jeder zweite Zuhörer heute, schon mal ein Produkt von uns in der Hand hatte. Wenn man sich in ein Fahrzeug setzt mit einer klassischen Getriebeschaltung, wenn man die Gänge einlegt, ein bisschen ins Getriebe, das ist eine Getriebeschaltung, im Automatikbereich nennt man das anders und hat auch ein bisschen eine andere Funktion. Trotzdem hat man unsere Produkte in der Hand im Auto und kennt die in der Regel. Man weiß oft nicht, dass wir der Hersteller sind, aber an der Stelle kann man sich vielleicht mal dran erinnern, dass das ein wichtiges Produkt ist, da man sofort auch ein Kundenerlebnis hat im Fahrzeug und deswegen für den Kunden auch, also für den Fahrzeughersteller auch ein sehr wichtiges Produkt ist. Und auf diesem Produktfeld haben wir uns ausgedehnt im Laufe der Jahre, strategisch fokussiert auf diesen Bereich und haben die Technologien immer erweitert in diesem Umfeld und später dann auch noch um Lederverarbeitung, also auch noch um Interieurkompetenz, PKW-Interieur. Was nochmal anders ist als die Kompetenz, die wir ursprünglich haben, wir kommen eher so aus dem Bereich Kräfte und Wege und Haptik und jetzt da noch die Interieurkompetenz, also die Optik, das Design, also das wir da also ein Komplettsystem anbieten konnten. Und wenn ich jetzt vielleicht zum aktuellen Automobilwandel noch kommen darf, und das hat uns jetzt geholfen, auch den Einstieg in die Elektrofahrzeuge zu finden. Wir kommen aus dem klassisch manuellen Getriebe, das man im Elektrofahrzeug eben nicht mehr braucht, aber durch unsere Weiterentwicklung der Kompetenzen, in der Elektronik, dann später auch in der Software-Entwicklung, haben wir es eben geschafft, auch in Elektrofahrzeugen ein gleichwertiges Produkt anbieten zu können.
Klaus Reichert: Da müssen wir auch gleich drauf zu sprechen kommen, aber ich möchte das jetzt grad nochmal wiederholen. Vor 30 Jahren war die Firma zwar existent, aber so ein bisschen auf null, hatte Probleme. Deine Familie und Menschen außen herum, haben das Ganze übernommen, dein Vater war da sehr, sehr agil, der hatte Ideen, der hat das in die Hand genommen. Und eine der ersten großen, ich sage mal, nach den stabilisierenden Maßnahmen, war eben eine der ersten großen Maßnahmen, war dann die Einführung von Entwicklungskompetenz. Das heißt, ihr ward nicht mehr nur noch Hersteller, sondern ihr konntet auch neue Teile, Zusammenhänge, vielleicht sogar Systeme, mechanische Systeme entwickeln.
Martin Büchs: Genau, absolut, mechanische Systeme und später, wie gesagt, auch mechatronische und elektronische Systeme.
Klaus Reichert: Genau. So, aber jetzt ein paar Jahre später sozusagen kommen diese verschiedenen Übernahmen und Integrationen von den Unternehmen, von den anderen Unternehmen dazu, die ja schon Know How hatten, am Markt schon präsent waren, gewisse, ich sage mal, Produkte oder Verfahren oder sowas eben natürlich auch hatten, die dann tatsächlich das Ganze wiederum ergänzt haben. Wie du schon sagst, Mechanik und Elektronik, Mechatroniken, sehr schlaue Kombinationen. Wann wurde das klar, dass diese Verbindung notwendig ist? Was war dafür der Auslöser?
Martin Büchs: Ja, als Automobilzulieferer schaut man natürlich auf die Kunden, ja, was brauchen die Kunden? Und im Gespräch mit den Kunden wird relativ schnell klar, was man braucht für die Zukunft, um dabei zu sein. Das war schon vor 30 oder 20 Jahren so, das ist auch heute klar. Wenn man da Zugang hat zu den entsprechenden Quellen beim Kunden, insbesondere die Entwicklungsabteilungen, dann weiß man, was man braucht für die Zukunft. Und ich denke, da haben wir aus heutiger Sicht die richtige Entscheidung getroffen, zu sagen, wir brauchen neben dem Stahl auch Kunststoff und Elektronik. Ja, also das Gespräch mit dem Kunden ist für uns ganz wichtig, um zu sehen, was brauchen wir für die Zukunft.
Klaus Reichert: Danke, das du das grade so gesagt hast. Also das heißt, ihr sprecht nämlich aktiv auch mit euren Kunden oder potenziellen Kunden, um herauszufinden, wo dort der Schuh drückt und wo ihr dann auch Lösungen anbieten könntet?
Martin Büchs: Ja. Also das alleine reicht natürlich nicht, aber es ist die Grundlage. Weil, ohne Kunden so eine Vorentwicklung ins Blaue, so eine Vermutung, das könnte der Kunde vielleicht brauchen, ja, das machen wir inzwischen schon auch. Also wir machen schon auch Konzepte, wo wir jetzt wirklich keinen Kundenauftrag haben, aber das ist immer nur mit etwas angezogener Handbremse, weil, im Endeffekt müssen wir uns an den Kundenwünschen orientieren. Wir bauen inzwischen auch Fahrzeuge auf oder Modelle, Module für Messen, wo wir nicht konkret wissen, will der Kunde das genauso haben. Das gehört inzwischen zu unserem Geschäft dazu, ab einer gewissen Größe auch ein Interesse zu wecken, also Innovation, die aus uns selber rauskommt, aber im Wesentlichen geht es immer um die Kundenanforderung.
Klaus Reichert: Dazu habt ihr dann die entsprechenden Ressourcen, Abteilungen und sowas aufgebaut, ich sage mal, um ein Produktmanagement herum, Innovationsmanagement, Vorgehensweisen.
Martin Büchs: Ja.
Klaus Reichert: Kannst du da noch ein bisschen was davon erzählen, wie aufwendig das war oder was da vielleicht so ein paar Startschwierigkeiten oder erste Erfolge dann auch waren?
Martin Büchs: Ja, ich meine, aller Anfang ist natürlich schon schwer. Und die ersten Schritte, die kann ich auch gar nicht mehr aus persönlicher Erfahrung so nachvollziehen, die Entwickler, die damals entwickelt haben, die sind alle schon im Ruhestand, aber ich weiß, dass es mühsam war. Also wir haben angefangen mit einer, ja, CAD-Zeichnungsentwicklung, ein Design machen und eine Zeichnung machen. Aber im Laufe der Jahre ist zum Beispiel auch der Versuch sehr wichtig geworden, also die Teile, die man dann prototypisch hergestellt hat, dann auch wirklich zu testen im Versuch, im eigenen Versuch. Da kann man zwar von Beginn an erst mal externe Ressourcen nutzen, aber im Laufe der Zeit ist das dann keine Option mehr. Wenn einem klar ist, wo die Qualitätsanforderungen ganz genau liegen, ist das einfach wichtig, dass man also einen Versuch aufkommt, eigene Testlabore, dass man dann auch, ja, Kompetenz in allen Feldern weiterentwickelt. Also die Automobilindustrie ist sehr prozessgetrieben, das heißt, da gibt es gewisse Zertifizierungsstandards und die sind im Systemgeschäft auch nochmal anders, also im reinen Teilelieferungsgeschäft. Und das haben wir im Laufe der Jahre nachgezogen in unserem Qualitätsmanagementsystem, natürlich auch alle anderen Managementsysteme, die dazu gehören, Umweltmanagement, Energiemanagement. Als wir in die Elektronik gekommen sind, dann gab es nochmal ganz andere Anforderungen. Da gibt es die Themen der funktionalen Sicherheit. Also sicherzustellen, dass Teile nicht ausfallen im Feld, also das ein Fahrzeug nicht liegenbleibt oder sogar noch schlimmere Schäden verursacht, also funktionale Sicherheit. Und eine Prozessfähigkeit in der Software-Entwicklung. Das nennt sich im Automobilumfeld Spice, eine Automotiv Spice Zertifizierung, die wir da jetzt auch haben. Also da ist relativ viel prozessgetrieben in der Automobilindustrie und das mussten wir uns alles mühsam erarbeiten. Und schon heute haben wir da einen guten Stand, von dem aus wir viele mechatronische Systeme einfach entwickeln können.
Klaus Reichert: Vom Mechanik-, ich sage mal, Herstellerspezialisten zum Mechatronikspezialisten, unterschiedliche Materialien, dann auch Materialkompetenz zu haben, das Ausweiten sozusagen auch des Raumes, in dem ihr euch betätigt innerhalb des Autos, dann auch auf das Interieur und natürlich jetzt noch die Ergänzung durch, ja, im weitesten Sinne natürlich die Elektronik, hat euch Schritt für Schritt, und wir müssen jetzt ja mal gucken, wir reden ja jetzt im Grunde ja von 20, 30 Jahren, zu dem gebracht, wo ihr heute seid, sodass ihr jetzt im Grunde ein Systemlieferant eben seid.
Martin Büchs: Ganz genau. Also wir sind gelistet bei allen bekannten Fahrzeugherstellern, auch bei den großen Zulieferern, Bosch und ZF Friedrichshafen, Getrag Getriebebau, also nicht nur die Hersteller, auch die Zulieferer. Aber deren Anforderungen sind auch immer mehr gestiegen im Laufe der Jahre, dass wir da, denke ich, ein guter kompetenter Ansprechpartner sind für, ja, mechatronische Systeme.
Klaus Reichert: Jetzt war das sicher nicht nur immer mit großen Erfolgen verknüpft, es gab auch viele Anstrengungen, hast du schon grade angesprochen. Hast du so vielleicht ein, zwei Beispiele, wo du gesagt hast, Mensch, das war jetzt, da hat es richtig geknirscht, da mussten wir irgendwie zum Beispiel ziemlich ran, das war sehr aufwendig, dass dann zu lösen?
Martin Büchs: Naja, gut, ich habe noch wenig von der Globalisierung erzählt, von den Standorten, die wir haben. Also wir sind ja in Osteuropa mit zwei Standorten, Tschechien und Ungarn. Wir sind in Mexiko, wir sind in China und jetzt auch in Indien, da kann man sich schon vorstellen, dass da das ein oder andere nicht so leicht ist. In unserer Größe, wir sind immer noch ein Mittelständler, wir sind kein multinationaler Konzern und haben mittelständische Strukturen. Insbesondere jetzt, wenn ich ein konkretes Beispiel raus greifen soll, wir hatten ein Unternehmen übernommen, das war ein Zulieferer von uns, vor ungefähr zehn Jahren, mit einem relativ kleinen Standort in Mexiko. Und da haben wir nach der Übernahme festgestellt, dass es da einige, ich nenne es mal Unregelmäßigkeiten gab. Und da mussten wir schon sehr viel Energie reinstecken, um das in richtige Bahnen zu lenken, das da auch am Ende des Tages nicht der größte Kunde dann da drunter leiden musste und wir das Geschäft so fortführen konnten, wir es auch geplant war.
Klaus Reichert: Also es war jetzt im Grunde auch ein kulturelles Ding, dass durch diese Firma im anderen Land mit der Geschichte, die die Firma dann auch entsprechend hatte, dass eine Herausforderung war, das im Grunde richtig zu integrieren?
Martin Büchs: Ja, absolut. Also Mexiko, andere Zeitzone, andere Kultur. Und wir haben das Glück gehabt, dass wir heute einen Geschäftsführer gefunden haben, der hier diese kleine Heimatstadt Bad Neustadt, unseren Stammsitz schon kannte, der hier schon gearbeitet hat, ein Mexikaner, wir hatten wirklich Glück, den wir hier lokal kannten, der vertrauenswürdig war und der bis heute dann unser Geschäft in Mexiko führt. Das ist ein großes Glück für uns gewesen, wir hoffen, dass das auch noch lange so ist. Und, ja, manchmal braucht man aber auch Glück bei Dingen, die nicht perfekt gelingen.
Klaus Reichert: Da bin ich vollkommen bei dir. Jetzt hast du grad noch was angesprochen, ihr seid in Bad Neustadt, das ist nördlich von Schweinfurt und ihr seid aber eben nicht nur dort, ihr seid im Grunde ein kleines Großunternehmen, vielleicht naiv beschrieben. Ist das dann, grade dieses internationale Wirken, ist das dann vielleicht auch etwas, was euch hilft, gute neue Mitarbeitende zu finden?
Martin Büchs: Ja, ich glaube schon. Also ich sage mal, wir sind in Bad Neustadt, wie du gesagt hast, Bad Neustadt ist eine kleine Stadt, hat aber genauso viele Arbeitsplätze wie Einwohner, also man sollte es nicht unterschätzen. Und wir sind geförderte Modellstadt für Elektromobilität in Bayern, eine von drei Regionen, die seit vielen Jahren gefördert ist. Und wir selber machen auch seit vielen Jahren bidirektionale Ladeprojekte als Forschung im Rahmen dieser Modellstadt. Also man darf die Stadt nicht unterschätzen, was da an Kompetenz vorhanden ist, auch mit anderen Zulieferern zusammen. Aber in der Tat ist es so, natürlich ist das Fachkräftepotenzial beschränkt in einer kleinen Stadt. Wir haben neben unserer Zentrale hier weitere Werke in Deutschland, ich habe das vorhin angedeutet, im Schwarzwald, in der Eifel, in Tschechien, Ungarn, in China, Mexiko und so weiter, aber die Entwicklung sitzt hier zentral in Bad Neustadt. Und da ist vielleicht natürlich die Frage, wie bekomme ich hier gute Fachkräfte? Und ich muss aus heutiger Sicht sagen, dass es uns bisher gut gelungen ist, sowohl im Bereich der Mechanik, aber auch später im Bereich der Elektronik, wo der Markt ja vielleicht nochmal schwieriger ist, der Fachkräftemarkt. Und die Internationalisierung ist natürlich eine Perspektive, also wir bieten natürlich die Möglichkeit, wenn jemand Interesse hat, auch mal ins Ausland zu gehen. Wir haben das auch verschiedentlich praktiziert mit durchaus guter Erfahrung, also entweder für einen gewissen Zeitraum oder auch nur mal auf Geschäftsreise. Die Möglichkeit hat halt vielleicht ein kleinerer Mittelständler dann doch nicht. Er hat bei uns die Möglichkeit, mit internationalen Kunden zu kommunizieren und meist auch in Englisch. Also die Anforderungen sind schon hoch, die so die Automobilindustrie mit sich bringt, grade so der direkte Draht zu den Fahrzeugherstellern, aber das macht uns auch interessant als Arbeitgeber. Und dazu kommt vielleicht auch noch unsere Kultur, wo uns immer wieder beschrieben wird von Mitarbeitern, dass man bei uns doch einen sehr großen Freiraum hat und auch viel eigenverantwortlich handeln kann, mit den typischen flachen Hierarchien, die man ja im Mittelstand oftmals vorfindet, die, denke ich, wir auch noch haben, trotz unserer Größe.
Klaus Reichert: Guter Punkt, gutes Stichwort, wir haben ja auch eine Frage von der Barbara Schmucker. Die fragt, wie überträgt man denn erfolgreich die eigenen Werte, die eigene Unternehmenskultur auf ein akquiriertes Unternehmen im Ausland?
Martin Büchs: Ja, das ist natürlich gar nicht so einfach, die Frage. Vielleicht ist es aber auch gar nicht möglich, alle deutschen Werte nach Mexiko zu tragen oder nach China. Ich glaube, was wir gemacht haben, das ist eine gewisse Toleranz, das es woanders auch andere Kulturen und auch Werte geben kann. Es gibt natürlich eine gemeinsame Wertebasis. Also zum Beispiel, ich nenne mal die Integrität, also das gesetzeskonforme Verhalten. Ist ja nicht ganz unwichtig, wenn man in solchen Ländern aktiv ist. Da gibt es auch keine Toleranz, wenn man sich nicht an Gesetze hält, hat man bei uns definitiv ein Problem. Das ist vielleicht natürlich klar, da muss man gewisse Standards und Pflöcke einschlagen als Unternehmen, das man da nicht Wildwuchs bekommt in den Werken weltweit. Aber ich kann nicht jeden Wert in diese Werke transportieren. Es fängt bei Arbeitszeiten an, also wenn wir hier ganz strikte Arbeitszeitgesetze haben, ist das in China vielleicht sogar wünschenswert, dass man am Wochenende arbeitet. Und das muss man auch verstehen und akzeptieren. Also deswegen, denke ich, ein Teil unseres Erfolgsrezepts ist, das wir nicht alles übertragen haben auf jedes Werk, auch nicht innerhalb von Deutschland, sondern das wir da eine gewisse Autonomie und Dezentralität bis heute aufrechterhalten und das für uns bis heute ganz gut funktioniert.
Klaus Reichert: Es gibt noch eine Anschlussfrage von der Barbara Schmucker. Und zwar in der Andersrumsicht, wie stark beeinflussen die internationalen Standorte oder auch Integration, Akquisition, die Kultur im Mutterunternehmen?
Martin Büchs: Also vielleicht gebe ich da ein ganz konkretes Beispiel mal, wie sowas bei uns funktioniert. Als wir im Frühjahr 2020 plötzlich Corona hatten, sehr überraschend für uns, wir waren zwar vorgewarnt über unser chinesisches Werk, aber ich muss gestehen, wir haben es nicht ernst genug genommen, was da auf uns zukommt, so plötzlich war es da. Und was dann passiert ist, ist, unserer Kollegen in Tschechien haben uns erzählt, wir tragen hier Stoffmasken in Tschechien. Dann haben wir erst mal den Kopf schüttelt, und unsere Chinesen haben gesagt: „Was wollen die mit Stoffmasken da drüben, das ist ja völliger Quatsch, ihr müsst, wenn überhaupt, dann FFP2-Masken tragen.“ Unsere Kollegen in Ungarn haben gesagt: „Also Stoffmasken könnten wir auch selber nähen. Wir haben hier Nähmaschinen für die Automobilindustrie, Lederverarbeitung.“ So, also jetzt sind wir dagestanden, haben gesagt: „Wollen wir da vielleicht einsteigen, in so eine Maskenproduktion?“ Weil, unsere Kunden wollten keine Teile mehr haben. Im April 2020 ging das von 100 auf null, ganz plötzlich haben alle geschlossen. Und so ist also aus diesem Zusammenspiel der Werke eine Idee entstanden, dass wir ganz spontan eine Fertigungslinie für Stoffmasken, Baumwollmasken auf die Beine stellen. Und ohne große zentrale Hilfe aus der Zentrale, das haben unsere Kollegen in Ungarn relativ eigenständig auf die Beine gestellt, wir haben hier den Vertrieb gemacht, die haben produziert. Und das ist vielleicht so ein Beispiel für unsere Kultur, also wie man, ich sage mal, auf Augenhöhen auch in so einem Unternehmen kommunizieren kann, Themen ernst zu nehmen. Aber jetzt auch die chinesischen Themen, die Bedenken haben wir an der Seite ein bisschen beiseitegeschoben, haben die tschechischen Themen höher gewichtet und gesagt: „Mensch, wenn das in Tschechien funktioniert, kann das hier doch auch funktionieren.“ Und haben also zu einer Zeit angefangen mit einer Produktion von Baumwollmasken, als noch keiner darüber nachgedacht hat in Deutschland. Und als wir dann in der Fertigung einfach Gas gegeben haben, dann plötzlich kam das Thema hier auf und wir waren dann plötzlich lieferfähig. Also ein unheimlicher Erfolg für uns. Der hat leider nur drei, vier Wochen angedauert, muss ich zugeben, weil irgendwann halt billigere Masken aus Asien kamen, die den Markt überschwemmt haben und schon heute wissen wir, das Stoffmasken jetzt nicht mehr das Maß aller Dinge sind. Ist aber auch nicht schlimm für uns, wir bevorzugen es auch, wenn wir unsere Automobilteile verkaufen können und das schaut auch heute wieder ganz gut aus. Insofern, das war aber eine wichtige Überbrückungshilfe. Und das wiederum auch für die ungarischen Kollegen sehr wichtig, dort gibt es nämlich keine Kurzarbeit. Also die hätten kein Kurzarbeitergeld bekommen und wir konnten die beschäftigen in einer sehr schwierigen Zeit. Und ich glaube, das ist ein echtes Erfolgsbeispiel, was wir zum Erfolg geführt haben in der Gruppe, einfach im Zusammenspiel der Werke gute Lösungen zu erzeugen.
Klaus Reichert: Martin, du hast vorhin schon angesprochen, dass ihr natürlich in der Automobilindustrie mehr oder weniger kontinuierlich einem Druck ausgesetzt seid, euch weiter zu entwickeln. Jetzt ist natürlich vor einiger Zeit ein großer Faktor aufgekommen, das Thema Elektromobilität wirbelt doch sehr, sehr viel durcheinander, das ist ja auch für euch ein großes Thema. Dieses Thema Transformation in der Automobilindustrie wird von der Politik sehr unterstützt, wir kriegen da sehr viel Unterstützung aus verschiedenen Richtungen. Wie schaut es bei euch aus, was kommt da jetzt auf euch zu? Wie seht ihr das grade sehr konkret und was tut ihr, um da dann voranzukommen, um diesen Wandel dann auch bei auch tatsächlich zu einem Erfolg zu führen?
Martin Büchs: Ja, vielleicht muss man erst mal sagen, wo wir herkommen. Also wir haben so, wenn man die gesamte Unternehmensgruppe anschaut, etwa knapp die Hälfte des Umsatzes, wo man sagen kann, die hängen irgendwie am Antriebsstrang. Ja, also wir sind schon betroffen von dem Thema Elektromobilität, wenn man jetzt aber genau hinschaut, dann habe ich vorhin schon gesagt, wir stellen ein Produkt her, was jeder schon mal in der Hand hatte, also die klassische Getriebeschaltung. Ja, die braucht man in der Form bei dem Elektroauto nicht mehr, da muss ich nicht in den dritten Gang schalten oder in den fünften Gang, das macht der Elektromotor mehr oder weniger alleine. Ich habe ja Namen von ein paar größeren Kunden auch vorhin genannt, wenn man sich diese Kunden so anschaut, allen voran ein bekannter Hersteller von Sportwagen, der hat ja auch Elektroautos am Markt platziert. Und wir haben es geschafft, unser Produkt so weiterzuentwickeln, dass wir da trotzdem noch drin sind, in diesem Fahrzeug mit einer neuen Kompetenz, mit der mechatronischen Kompetenz. Und, ja, man schaltet damit jetzt nicht mehr den ersten, zweiten, dritten Gang, aber immer noch vorwärts, rückwärts und auch die Parktaste muss, sicherheitsrelevant, zuverlässig eingelegt werden. Für uns haben sich damit die Kompetenzen verschoben, es geht weniger um Kräfte und Wege und Reibung, sondern mehr um Elektronikkompetenz, um Ausfallsicherheit, mehr um Design. Und das sind genau die Kompetenzen, die wir uns schon über viele Jahre aufgebaut haben, die wir jetzt natürlich nochmal etwas verstärken aktuell, weil ja der Trend einfach doch deutlich zugenommen hat. Aber es ist jetzt für uns nicht ganz neu, also wir sind an dem Thema schon 20 Jahre dran. Schon vor 20 Jahren haben wir über Shift-by-Wire-Schaltungen gesprochen, also ein Schalten über rein elektrische Funktion, ohne Mechanikkopplung zwischen Schaltung und Getriebe. Heute gibt es halt vielleicht kein Getriebe mehr oder ein anderes Getriebe. Aber das ist für uns dann auch egal als Hersteller von Schaltungen oder Bediensystemen, wir haben uns da mit dem Markt mitentwickelt und fühlen uns eigentlich, ja, dass wir da auf dem richtigen Weg sind, mit den Kunden uns mitentwickelt haben.
Klaus Reichert: Weißt du, das hört sich jetzt so richtig gut an. Ja, natürlich kann keiner in die Zukunft gucken, aber wenn man eben kontinuierlich im Austausch mit seinen Kunden ist, noch ein bisschen weiter das mal aufmacht, den Blick und guckt, was sonst noch so passiert und das dann entsprechend auch durch Investitionen, durch Weiterbildung, durch den Aufbau von neuen, ja, Abteilungen oder Wissen, auch durch Übernahmen natürlich, dann tatsächlich in Richtung von System und Produkten bringt, dann ist man mehr oder weniger immer auf der Höhe der Zeit und vorbereitet für die nächste Veränderung.
Martin Büchs: Ja, absolut. Ich meine, wir sind alle keine Hellseher, ja, vielleicht haben wir auch vor drei Jahren nicht gedacht, dass es sich so schnell entwickelt, diese Elektromobilität. Aber vielleicht haben wir ein stückweit auch Glück gehabt, dass wir sowieso in der Richtung unterwegs waren mit unserer Kompetenz und konnten dann halt nochmal beschleunigen, dass wir dann auch dabei sind. Aber wenn es sich zu gut anhört, Klaus, ich meine, wir haben trotzdem noch ein Geschäftsfeld, wo wir noch ein bisschen eine Aufgabe vor uns haben, will ich gern auch nicht verschweigen. Also wir ins im Getriebe mit Ölungssystemen, wir sind nah am Verbrennungsmotor mit Systemen, die die Kühlung regeln. Das ist auch, ich sage mal, die Richtung ganz klar, man braucht ähnliche Systeme bei einem Elektromotor für Kühlung, aber auch für die Ölung, teilweise gibt es ja auch immer noch Getriebe in den modernen Elektroautos, kleinere und andere Getriebe. Also da sind wir noch dabei, diesen Geschäftsbereich zu transformieren, der Beölung und Kühlsysteme, wie wir das nennen. Das sieht sehr gut aus aktuell, aber noch ist die Transformation nicht komplett vorbei für uns, also wir dürfen uns noch nicht zurücklehnen.
Klaus Reichert: Was sind denn da so zentrale Schritte jetzt grade in diesem Bereich, Transformationsschritte?
Martin Büchs: Also ganz entscheidend wichtig ist für uns, dass die Zusammenarbeit zwischen unseren Werken klappt. Ich habe ja gesagt, wir fühlen uns heute immer mehr als Anbieter von mechatronischen Systemen, neben den klassischen Geschäftsbereichen, die wir auch immer noch haben natürlich. Und um die Mechatronik zu realisieren, brauchen wir die Zusammenarbeit verschiedener Standorte. Ja, ich habe es ja erzählt, historisch sind die durch Zukauf zustande gekommen und deswegen ist das für uns ganz zentral in der Unternehmenskultur, dass man da zusammenarbeiten will. Und das fördern wir natürlich auch ganz gezielt, den Austausch, über verschiedene Methoden, um da einfach zusammenzuarbeiten. Aber, wir haben auch einen Teil hier zentralisiert im Laufe der Jahre. Also wir haben hier inzwischen Mechanikentwicklung und Elektronikentwicklung zentral an unserem Stammwerk in Bad Neustadt, um einfach da die Schnittstellen oder die Probleme, die auftreten können aus den Schnittstellen, da nicht so groß werden zu lassen. Ja, lediglich die Kunststoffkompetenz, die haben wir hier nicht, die haben wir an unserem Standort in der Eifel, und da ist es einfach sehr wichtig, dass wir gut zusammenarbeiten.
Klaus Reichert: Wir haben jetzt im Moment natürlich in Elektroautos relativ einfache Getriebe. Der Porsche Taycan hat hinten schon ein Zweigangetriebe, ne, das ist ja schon da. Und wenn wir mal gucken, im Verbrennungsmotor haben wir mittlerweile Neungangautomatik, glaube ich, ist das Höchste der Gefühle. Und wenn man mal schaut, wahrscheinlich hätte nach dem fünften Gang tatsächlich der echte Mehrwert auch schon aufgehört, ne. Also das heißt, wir haben da doch über eine relativ lange Zeit von den Dreigangautomatikgetrieben, die es lange Zeit gab, dann eben diese Entwicklung gehabt. Also ich würde mal sagen, sowas wird es auch in Zukunft geben und da werden weitere Getriebe, Schaltungen und sowas dazu kommen, das würde ich jetzt einfach so erwarten, unter anderem vielleicht auch, weil es eine gewisse sportliche Fahreinstellung oder sowas mit sich bringt, ne. Also da können wir wahrscheinlich noch viel erleben, da ist der Status Quo sozusagen noch nicht auch die Zukunft, also da sieht es eigentlich dann ganz gut aus. Jetzt hast du grade noch angesprochen, dass eben die verschiedenen Firmen da gut zusammenarbeiten für diese Veränderungen, die Kommunikation ist sehr wichtig. Was ich spannend finde ist, ihr habt ja dadurch nicht nur ein externes Netzwerk, sondern ihr nutzt richtiggehend euer internes Netzwerk, um diese Themen voranzubringen. Gibt es da irgendwelche Tipps oder irgendwas, wo du sagst, Mensch, das hat uns geholfen, vielleicht ein Tool oder du hast vorhin auch das Thema Managementsysteme angesprochen. Für den Podcast ist ja wichtig vom Zuhören zum Mitmachen zu kommen.
Martin Büchs: Ja, also ich denke, über externe Netzwerke können wir gerne auch nochmal sprechen später, aber die Frage war jetzt intern, wie wir es intern in der Kommunikation regeln? Also da gibt es natürlich eine Vielzahl an Maßnahmen, ich will mal ein paar versuchen, raus zugreifen. Also, ja, gemeinsames Managementsystem ist natürlich eine Hilfe, wenn man eine gemeinsame Sprache spricht. Also Beispiel, wenn man eine Herstellbarkeitsbewertung an einen Kunden abgibt, dass man weiß, was bedeuten die Begriffe da drauf, ne, einfach gemeinsame Sprache. Aber auch gemeinsame Ziele und Visionen, die wir in der Gruppe vereinbart haben. Die wir auch regelmäßig neu besprechen, also jedes Jahr wird das neu aufgerollt und da darf auch Input abgeben, was denn die Prioritäten sind für die Zukunft. Also das haben wir klare Kommunikation an der Stelle über unsere Ziele und Visionen. Ansonsten fördern wir natürlich den Austausch untereinander. Das ist zwar jetzt schwieriger geworden mit Corona, wir haben natürlich die persönlichen Begegnungen etwas zurückgefahren, aber hoffentlich kommt es wieder in Kürze. Aber was wir traditionell machen, ist alle drei Jahre einen Workshop mit vielen Teilnehmern, also 80, 90 Teilnehmer so ungefähr aus allen Bereichen. Im Wesentlichen Europa, China und Mexiko ein bisschen zurückgesetzt, weil es einfach von der Größe her nicht die Rolle spielt. Aber in Europa 80, 90 Teilnehmer, die wir dann zusammenbringen, die wir thematisch dann clustern. Also wir überlegen uns vorher Themen, wo wir sagen, die sind wichtig, dass wir die mal besprechen. Das kann losgehen bei Kommunikationsregeln in der Gruppe, wie wollen wir eigentlich miteinander kommunizieren? Das stellen wir nicht zentral auf, sondern das ist dann ein Thema in so einem Workshop, dass dann gemeinsam erarbeitet wird. Wollen wir über Zoom diskutieren oder wollen wir über Telefon oder über Email? Oder wenn ja, was in welcher Situation? Oder wie kommunizieren wir in einem Projekt, wie ist die Organisation da in einem Projekt? Also es gibt natürlich Teams, die darüber reden, fassen dass dann zusammen und versuchen das dann auf eine größere Basis dann zu stellen, nach dem Workshop. Aber natürlich auch technische Themen, die wir diskutieren. Was sind weitere Entwicklungen für die Zukunft, die in solchen Workshops diskutiert werden und dann, ja, weiter ausgebaut werden, wenn die Workshops dann irgendwann vorbei sind. Also das haben wir traditionell alle drei Jahre gemacht. Der nächste Workshop ist überfällig und, wie gesagt, wir warten auf das Ende von Corona, um das wieder zu beleben, diese Tradition. Ja, das waren vielleicht ein paar Beispiele, wie wir das fördern. Aber da gehören viele andere Dinge dazu, wie auch die virtuellen Tools, die jetzt ja im Zuge von Corona vielleicht überall auch aufgekommen sind. Wir haben schon vor Corona ein ähnliches Tool wie das, was wir jetzt hier aktuell nutzen für den Podcast, eingeführt, integriert mit unserer Telefonanlage. Also ich kann jederzeit sehen, ob ein Mitarbeiter grad an seinem Platz ist, ob der vielleicht im Telefonat ist, also allein schon kann ich sehen, ist der überhaupt anwesend, der kann sich aber auch abmelden. Ich kann den anchatten über diese Tools, die wir da von Sysco eingeführt haben. Also wir haben schon relativ moderne Kommunikationsmedien, die uns das Leben erleichtern. Und dann ist aber wichtig, die Kultur natürlich. Und eine Kultur muss gefördert werden, das machen wir teilweise durch Workshops, Kommunikations-Workshops. Das machen wir aber insbesondere auch durch Vorbild, hoffentlich, dass wir als Führungskräfte vorangehen mit einem Vorbild, wie kommuniziert man richtig, wann schreibe ich eine Email, wann greife ich besser zum Telefonhörer oder wann brauche ich auch das persönliche Gespräch. Also ich denke schon, dass wir da ein paar Werte auch verkörpern, die uns auch wichtig sind. Obwohl ich vorhin gesagt habe, wir müssen nicht überall die gleichen Werte haben, aber an der Stelle ist uns doch schon wichtig, dass auch der persönliche Kontakt vor der Email kommt.
Klaus Reichert: Auch das man tatsächlich überhaupt mal zum Hörer greift oder die Email schreibt oder was auch immer, ins andere Zimmer geht, anstatt das irgendwie lange liegenzulassen. Vielen Dank, das, finde ich jetzt, gibt ein ganz gutes Bild, beschreibt eine Vielzahl von Maßnahmen eigentlich, die ihr da grundsätzlich ergreift.
Martin Büchs: Ich würde an den letzten Punkt nochmal ganz kurz anknüpfen, würde sagen, neben den internen Netzwerken gibt es natürlich auch externe Netzwerke, die sehr wichtig sind für uns. Das ist der Kontakt zu Hochschulen, regional ist das die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, aber auch die Universität in Würzburg. Mein Vater ist im Beirat der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, wir haben einen sehr engen Draht zu dem, was da passiert. Aber auch an der Universität gibt es einige Lehrstühle, wo wir doch sehr engen Draht haben, wo wir mitbekommen, was passiert da, was ist so der Trend. Und das hilft uns schon bei der Innovation, insbesondere bei der Digitalisierung der Prozesse in Verwaltung, aber auch in der Fertigung, da wirklich am Ball zu bleiben.
Klaus Reichert: Die Zusammenarbeit mit Hochschulen ist schon ein ganz, ganz wichtiges Thema im Innovationsbereich.
Martin Büchs: Ja.
Klaus Reichert: Martin, vielen Dank, dass du dir heute die Zeit genommen hast, beim Smart-Innovation-Podcast mit dabei zu sein. Ich fand dass jetzt sehr spannend, das hat uns einen guten Einblick gegeben in Dinge, die ihr macht. Was mich besonders beeindruckt hat, war eben auch diese Geschichte der letzten 30 Jahre, diese Veränderung, diese kontinuierliche Veränderung und wünsche euch jetzt auch für die nächsten 30 Jahre natürlich weiterhin viel Erfolg. Und bin auch schon gespannt, wie das weitergeht, da können wir sicher auch mal in einiger Zeit wieder zusammenkommen. Vielen Dank.
Martin Büchs: Herzlichen Dank, Klaus, gerne.