Der Strassenverkehr in Städten hat nicht dem Auto begonnen, auch wenn wir uns das heute kaum mehr vorstellen können. Die meisten Strassen unserer Städte entstanden ohne Kenntnis des PKW und wurden erst später angepasst an deren Bedürfnisse. Es muss nicht beim Status Quo bleiben, der Verkehr in Städten kann sich weiterentwickeln. Über viele Jahrzehnte entstand die heute bekannte Ordnung der Mobilität, in der das Auto den Ton angibt und andere Verkehrsteilnehmende sich meist dem fliessenden Verkehr unterordnen. Es sind aber auch Mittel entstanden, die den Verkehrsfluss besser steuern, wie Verkehrsregeln, -schilder und Ampeln. Aber auch Lösungen für das Miteinander, z.B. Zebrastreifen, Radwege, Fussgängerzonen, Bushaltestellen. Wie sehr sich Dinge in den letzten hundert Jahren verändert haben, zeigt exemplarisch das Video. Es zeigt dieselbe Fahrt durch San Francisco, heute und vor über hundert Jahren. Gefilmt wurde von einem der berühmten Cable Cars.
In der alten Aufnahme erleben wir einen wilden Mix der Verkehrsmittel auf der Strasse. Scheinbar ohne Regeln kreuzen Autos, Kutschen, Menschen die Spuren des Cable Cars, der Strassenbahn. Es stehen sogar Menschengruppen auf den Strassen, auf das Cable Car wartend – Autos nutzen die Gleise und fahren einfach um die Menschen herum. Ampeln oder Verkehrsschilder sind nicht zu sehen, es scheint Chaos zu herrschen. Und alle Menschen tragen Hüte.
Wie klappt das Miteinander im Strassenverkehr? Es wird sicher eine Menge Unfälle gegeben haben. In jedem Fall wird es nicht ohne, auch wütende, Zurufe gegangen sein. Das war auch möglich, weil keiner isoliert war von der Umgebung, geschlossene Autos gab es nicht. Alle sassen mehr oder weniger offen, so dass direkte Kommunikation möglich war. Zum Miteinander hat zudem beigetragen, dass die individuellen Geschwindigkeiten der Verkehrsmittel nahe beieinander lagen und eher niedrig waren.
Interessant auch, was sich nicht verändert hat. Ein Mix aus Verkehrsmittel bestimmt das Geschehen, damals und heute. Die Schienen definieren das Bild der Kamera. Viele Menschen sind zu Fuß unterwegs in der Stadt, auch in Gruppen.
Auf seine eigene Weise zeigt der Film eindrücklich die Möglichkeit von Veränderungen im Strassenverkehr. Es wird deutlich, dass Change möglich ist. Der Megatrend der Urbanisierung in Verbindung mit Smart City Entwicklungen bietet hier Anlass und Lösungsansätze der Mobilität. Bleibt die Frage an uns als Gesellschaft: Wie würde ein drittes Segment des Films aussehen, dieselbe Szene in hundert Jahren?
PS: Ein kleines „Easteregg“ enthält der Film auch: ab Minute 14:31 ist der Weihnachtsmann in Zivil am Embarcadero unterwegs :)